Medical Tribune
18. Mai 2013Unterschiedliche Krankheitsverläufe bei CD30-positiven Lymphom

Lymphom nur auf die Haut beschränkt?

Das "CD30-positive anaplastisch-grosszellige" Lymphom gibt es in verschiedenen Erscheinungsformen. Ein russischer Kollege schildert zwei beispielhafte Fälle.

Kasuistik 1: Der 1935 geborene Patient hatte seit drei Jahren blasse, hautfarbene, feste, schmerzlose Knötchen am rechten Oberschenkel bemerkt. Seit einem Vierteljahr verschlechterte sich der Hautbefund.

Kutane Lymphom-Variante: multiple juckende Knötchen bei gutem Allgemeinzustand

Als der Patient zur klinischen Aufnahme kam, war sein Allgemeinzustand befriedigend, weniger aber der Lokalbefund: Bei der Untersuchung präsentierte der Patient multiple juckende Knötchen und Plaques am rechten Oberschenkel und Gesäss, die scharf begrenzten, dunkelroten Tumoren am Oberschenkel (Durchmesser bis zu 12 cm) waren teilweise ulzeriert und rochen übel.

Dennoch war die maligne Erkrankung offenbar auf die Haut beschränkt geblieben. In der Röntgenthoraxaufnahme fanden sich keine pathologischen Befunde, berichtet Dr. Igor Kuklin vom Uralen Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Dermatovenerologie und Immunpathologie in Jekaterinburg.

Die Histologie und die Immunhis­tochemie führten zu der Diagnose: primär kutanes CD30-positives anaplastisches grosszelliges Lymphom. Nach Einleitung einer symptomatischen Behandlung mit Ebastin, lokalen Antiseptika und Glukokortikoiden wurde der ältere Herr in ein onkologisches Zentrum zur spezifischen Therapie überwiesen.

Systemische Lymphom-Variante: Hauttumoren mit verschlechtertem Allgemeinzustand

Kasuistik 2: Der 49-jährige Mann hatte vor zwei Jahrzehnten erstmals einzelne knotige Herde am Rumpf und an den Armen bemerkt, die leicht juckten. Die knotigen Veränderungen bildeten sich zurück, dafür traten im Lauf der Zeit neue Herde auf. In den vergangenen beiden Jahren bildeten sich dann zunehmend Plaques und Tumoren auf der Haut. Der Patient klagte über verschlechtertes Allgemeinbefinden, zu Schwäche und Müdigkeit kam ein Gewichtsverlust von 15 kg.

Bei der Klinikaufnahme konstatierten die Ärzte einen reduzierten Allgemeinzustand. Die ovalen unregelmässig geformten, rötlich-lividen weich-elastischen Tumoren waren teilweise nässend ulzeriert. Grosse, teils atrophische unregelmässige Narben zeugten von abgeheilten Befunden.

Neben den Hauttumoren wies der Patient grosse Lymphknotenpakete in den Axillen und den Leisten auf. In der Abdomensonographie stellten sich Leber und Milz vergrössert dar. Histologisch und immunhistochemisch diagnostizierten die Pathologen ein "anaplastisches grosszelliges CD30-positives Lymphom (ALK+)". Es folgte ebenfalls die Verlegung in ein onkologisches Zentrum.

Systemische und kutane Lymphom-Varianten sind unbedingt voneinander abzugrenzen!

Primär kutan oder systemisch? So lautet die entscheidende Frage beim anaplastischen grosszelligen CD30-Antigen-positiven Lymphom. Trotz des ähnlich klingenden Namens gilt es diese beiden Erkrankungen unbedingt voneinander abzugrenzen, da sich Therapie und Prognose sehr stark unterscheiden, unterstreicht Dr. Kuklin in der Diskussion der Fälle.

Das auf die Haut beschränkte Malignom betrifft häufig Männer im Alter über 60 Jahre. Die solitären oder gruppierten Knoten wachsen zwar schnell und ulzerieren, sie heilen aber zum Teil auch spontan wieder ab, erklärt der Kollege. Und die Prognose insgesamt stellt sich mit einer Zehnjahres-Überlebensrate von über 90 % sehr gut dar.

Das systemische CD30-positive Lymphom verläuft äusserst aggressiv

Anders verhält es sich bei der systemischen Variante des anaplastischen grosszelligen CD30-positiven Lymphoms. Bei dieser Erkrankung handelt es sich überwiegend um ein malignes T-Zell-Lymphom mit aggressivem Verlauf und schlechter Prognose, das überwiegend Männer im Alter unter 30 Jahren befällt. Die Variante des Tumors, bei dem die Zellen das ALK-Protein (anaplastische Lymphom-Kinase) exprimieren, geht dabei allerdings – unter Anthrazyklin-basierter Chemo- und Strahlentherapie – mit einem deutlich besseren Überleben einher.

Quelle: Text und Abb.: I.A. Kuklin, N.V. Kungurov, M.M. Kokhan, M.K. Kuklina, "Klinische und immunhistochemische Aspekte der Diagnostik von anaplastischen grosszelligen CD30-positiven Lymphomen", Akt Dermatol 2013; 39: 27–30, © Georg Thieme Verlag, Stuttgart