Medical Tribune
20. Dez. 2012Junge Erwachsene klagen über Gelenkschmerzen

Triggern lockere Wirbel den Rückenschmerz?

Wenn junge Erwachsene über Gelenkschmerzen klagen, liegt‘s nicht selten an einer Hypermobilität. Betroffene müssen auch mit extraarteriellen Folgen bis zum Mitralprolaps rechnen.

Die Prävalenz des Hypermobilitätssyndroms reicht bei jungen Erwachsenen je nach Untersuchung von 2 bis 35 % bei Männern und 5 bis 57 % bei Frauen. Nur etwa 10 % der Betroffenen haben dabei aber Beschwerden, die sie mindestens einmal im Leben zum Arzt führen. Die Spannbreite reicht somit von einem harmlosen Nebenbefund bis hin zu behandlungsbedürftigen schweren Krankheitsbildern, schreibt Carmen Langsieb vom Orthopädischen Universitätsklinikum Leipzig.

Beighton-Score zur Diagnostik der primären Hypermobilität

Die Überbeweglichkeit der Gelenke lässt sich mithilfe des 9-Punkte-Mobilitätsscores nach Beighton ermitteln. Zum Krankheitsbild der "primären Hypermobilität" gehört aber noch mehr. Die Diagnose wird anhand von zwei Haupt- und neun Nebenkriterien gestellt. Eines der Hauptkriterien ist das Erreichen von mindestens 4 Punkten im Beighton-Score, das andere sind Arthralgien in mindestens vier Gelenken, die bereits länger als drei Monate anhalten.

Als Nebenkriterien werden folgende Punkte gewertet:

  • 1 bis 3 Punkte im Beighton-Score
  • Arthralgien (> 3 Monate.) in ein bis drei Gelenken oder Rückenschmerzen (≥ 3 Monate) oder Spondylose, Spondylolyse bzw. Spondylolisthesis
  • Subluxation (in mehr als einem Gelenk oder mehrmals in einem Gelenk)
  • drei oder mehr Sehnenverletzungen
  • marfanähnlicher Habitus (gross, schlank, lange Finger und Zehen)
  • Striae, hyperelastische oder dünne Haut
  • schlaffe Augenlider, Kurzsichtigkeit oder antimongoloide Schrägstellung der Lidspalten
  • Varikosis, Hernien oder Prolaps von Uterus oder Rektum
  • Mitralklappenvorfall

Beighton-Score

Für die folgenden Bewegungsumfänge gibt es jeweils einen Punkt pro Körperseite:

  • passive Dorsalflexion des 5. Fingers bis ≥ 90 Grad
  • Anlegen des Daumens an die Volarseite des Unterarms
  • Hyperextension des Ellbogens ≥ 10 Grad
  • Hyperextension des Kniegelenkes ≥ 10 Grad
  • Einen Punkt gibt es auch für die Flexion der Wirbelsäule mit flach aufgelegten Händen auf dem Boden bei gestreckten Knien.

Als pathologisch gilt der Beighton-Score, wenn der Patient ≥ 4 Punkte erreicht.

Als gesichert gilt die Diagnose, wenn beide Hauptkriterien zutreffen. Ist nur ein Hauptkriterium erfüllt, müssen zusätzlich zwei Nebenkriterien vorliegen, bei fehlenden Hauptkriterien sogar vier Nebenkriterien. Ausserdem darf weder ein Marfan-Syndrom noch ein Ehlers-Danlos-Syndrom bestehen.

Der Gelenkhypermobilität mit Krafttraining begegnen

Akute Beschwerden im Zusammenhang mit der Gelenkhypermobilität treten meist belastungsabhängig im Bereich der unteren Extremitäten und Wirbelsäule auf. Vorübergehende Ruhigstellung und Analgetika wie NSAR reichen therapeutisch in der Regel aus. Langfristig ist es von entscheidender Bedeutung, die "ausgeleierten" Gelenke durch eine kräftige Muskulatur zu stärken.