Medical Tribune
21. Sept. 2015

Bullying unter Gleichaltrigen hinterlässt langfristig Schäden

Das Bullying beziehungsweise Mobbing in einer Gruppe von Gleichaltrigen erfüllt viele Kriterien von physischer und psychischer Misshandlung durch Erwachsene in der Kindheit. Dass eine solche Behandlung Schäden hinterlässt, die sich später vor allem in Depressionen und Angsterkrankungen manifestieren können, ist bekannt.

Ob sich unabhängig davon auch vergleichbare Schädigungen durch eine körperliche oder seelische Misshandlung durch Gleichaltrige, also im Rahmen der “Peer-Group”, ergeben, erforschte Professor Dr. Dieter Wolke von der psychologischen Abteilung der University of Warwick in Coventry.

Um die Auswirkungen von Misshandlung und Bullying auf die psychische Gesundheit zu untersuchen, griffen die Forscher auf die Daten von zwei Längsschnittstudien zurück. Insgesamt 5446 Kinder nahmen daran teil.

Angst, Depressionen und autoaggressives Verhalten

Trotz einiger Detailunterschiede lässt sich ein signifikanter gemeinsamer Trend bei den beiden Untersuchungen erkennen: Kinder, die durch ihre Eltern misshandelt und gleichzeitig von Gleichaltrigen gehänselt, drangsaliert und ausgegrenzt wurden, hatten als junge Erwachsene ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Probleme, Angst und Depressionen sowie zumindest teilweise auch für autoaggressives Verhalten.

Kinder, die ausschliesslich unter Bullying leiden mussten, waren als junge Erwachsene anfälliger für derartige psychische Folgen als Heranwachsende, die Misshandlungen durch Schutzbefohlene ausgesetzt waren. Ausserdem: Misshandelte Kinder, die dadurch bereits Schädigungen davongetragen haben, zeigten ein erhöhtes Risiko für Bullying.

Der Datenanalyse zufolge kann Bullying nicht als harmloses Ritual unter Gleichaltrigen abgetan werden – für die Opfer drohen ggf. langfris­tige Konsequenzen. Die Experten raten dazu, auf individueller Ebene, aber auch mittels übergeordneter Projekte an Schulen oder Gesundheitseinrichtungen dagegen vorzugehen.

Quelle: S. T. Lereya et al., Lancet Psychiatry 2015; Epub 28. April 2015