Medical Tribune
14. Aug. 2024An der Zuckerkrankheit selbst liegt es nicht

Wie Typ-1-Diabetes das Krebsrisiko erhöht

Menschen mit Typ-1-Diabetes haben generell ein erhöhtes Krebsrisiko. Eine Nierentransplantation steigert die Tumorgefahr noch einmal deutlich. Liegt das an der Immunsuppression? Oder ist die diabetesbedingte Nierenerkrankung ursächlich?

Eine dialysepflichtige Nierenerkrankung im Zusammenhang mit Diabetes erhöht das Krebsrisiko noch nicht.
Peter Atkins/stock.adobe.com
Eine dialysepflichtige Nierenerkrankung im Zusammenhang mit Diabetes erhöht das Krebsrisiko noch nicht.

Welche Rolle diabetesbezogene Faktoren bei der Tumorentstehung spielen, ist bislang unklar, schreiben Dr. Maija Feodoroff vom Folkhälsan Research Centre in Helsinki und ihre Kollegen (1).

Sie untersuchten diesen Zusammenhang in einer finnischen Kohorte mit über 5000 Typ-1-Diabetikern und rund 14.000 Kontrollpersonen ohne die Autoimmunerkrankung. Sie verglichen die standardisierten Inzidenzraten (SIR) verschiedener Krebsarten der beiden Gruppen in Abhängigkeit vom Status einer diabetischen Nierenerkrankung.

Erhöhtes Krebsrisiko in der Diabetes-Gruppe

Im Vergleich zur Kontrollgruppe war das allgemeine Krebsrisiko von Menschen mit der Stoffwechselstörung erhöht (SIR 1,14). Der Wert für Nierentransplantatempfänger lag jedoch fast fünfmal höher (SIR 4,78), während das Risiko der anderen Patienten knapp unter dem der Kontrollgruppe lag (SIR 0,92).

Diabetiker ohne Transplantat hatten sogar ein 50 bzw. 60 Prozent niedrigeres Risiko für Prostata- und Harnwegskrebs. Auch die Wahrscheinlichkeit für Neoplasien in den Atemwegen und intrathorakalen Organen war bei ihnen geringer.

Nach einer Nierentransplantation stieg insbesondere die Gefahr für nichtmelanozytären Hautkrebs (SIR 14,50), aber auch für maligne hämatologische Erkrankungen, Melanome und Mund- oder Rachenkrebs. Einzig das Risiko für Schilddrüsentumoren war bei allen Menschen mit Typ-1-Diabetes grösser als bei den Kontrollpersonen.

Kein Zusammenhang mit Insulindosis oder HbA1c

Untersuchung der diabetesbezogenen Faktoren

Ein wesentlicher Aspekt der Studie war die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen diabetesbezogenen Faktoren und dem Krebsrisiko. Dabei zeigte sich, dass allgemeine Parameter wie Alter und Raucherstatus das Risiko für alle Teilnehmer beeinflussten.

Allerdings fanden die Wissenschaftler keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Insulindosis oder dem HbA1c-Wert und dem Krebsrisiko. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass andere Faktoren als die glykämische Kontrolle eine grössere Rolle bei der Entstehung von Krebs bei Menschen mit Typ-1-Diabetes spielen könnten.

Krebsrisiko stieg erst nach einer Nierentransplantation an

Interessanterweise beeinflussten eine schwere Albuminurie oder die Notwendigkeit einer Dialyse das Krebsrisiko nicht direkt. Erst nach einer Nierentransplantation stieg das Risiko deutlich an. Dies legt nahe, dass die Immunsuppression, die nach einer Transplantation notwendig ist, ein wesentlicher Faktor für das erhöhte Krebsrisiko ist. Immunsuppressiva sind ein gesicherter Risikofaktor für die Entwicklung von Krebs bei Empfängern von Spenderorganen. Diese Medikamente unterdrücken das Immunsystem, um die Abstossung des transplantierten Organs zu verhindern, beeinträchtigen jedoch auch die Überwachung und Beseitigung von Krebszellen.

Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Überwachung und eines gezielten Krebs-Screenings, insbesondere bei Patienten, die eine Nierentransplantation erhalten haben. Gleichzeitig werfen sie Fragen über die besten Strategien zur Reduzierung des Krebsrisikos in dieser Bevölkerungsgruppe auf.