Dekompensierte Herzinsuffizienz mit Peritonealdialyse behandeln?
Im Alter von 70 Jahren hat etwa jeder Zehnte eine Herzinsuffizienz – und dieses kardiale Leiden ist einer der häufigsten Gründe für Hospitalisationen. Dabei beobachtet man bei vielen der älteren Patienten eine Art Drehtür-Effekt: Wegen Überwässerung werden sie stationär aufgenommen, auf die Therapie folgt die Entlassung und nach wenigen Wochen kommen sie kardial dekompensiert wieder. Dies verdeutlichte Professor Dr. Jan-Christoph Galle vom Klinikum Lüdenscheid, Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren.
Um den Drehtüreffekt zu vermeiden, müssten die Patienten möglichst kontinuierlich im richtigen Hydratationszustand gehalten werden: "nicht zu trocken und nicht zu nass!"so der Nephrologe. Dazu eigne sich offenbar auch die Peritonealdialyse (PD). Wie aus ersten Beobachtungsstudien hervorgehe, profitierten überwässerte Patienten mit therapierefraktärer Herzinsuffizienz deutlich von dieser Therapie.
Bei der Bauchdialyse drohen keine Blutdruckabfälle
Die Peritonealdialyse basiert auf einer physiologischen, kontinuierlichen Ultrafiltration. Dabei wird eine gute hämodynamische Stabilität erreicht. Die bei der Hämodialyse gefürchteten Blutdruckabfälle bleiben aus. Die kardiale Belastung durch einen Shunt falle weg, so der Nephrologe. Ausserdem sei das Infektionsrisiko bei PD-Kathetern niedriger als bei getunnelten Kathetern.
Inzwischen liegt auch eine prospektive Studie zur Peritonealdialyse vor. 25 Patienten wurden in das CAPD1-Programm aufgenommen. Einschlusskriterien waren:
- mindestens zwei stationäre Aufenthalte wegen Herzinsuffizienz in den vergangenen sechs Monaten n NYHA-Funktion III/IV
- Überwässerung trotz optimaler Diuretika-Therapie
- GFR < 60 ml/min/1,73m2
Das Peritonealdialyse-Regime sah täglich zwei bis drei sog. Beutelwechsel vor. Dabei wurde jeweils glukosehaltige Lösung (1,36- bis 2,27%ig) in den Bauchraum eingebracht und nach vier bis sechs Stunden wieder ausgeführt, erläuterte Prof. Galle. Die Ultrafiltration, die damit erreicht wurde, betrug im Schnitt knapp 700 ml/Tag. Das ist die Menge, die Patienten zusätzlich zur spontanen bzw. diuretikainduzierten Diurese ausgeschieden hatten, so der Nephrologe.
Seltener im Krankenhaus, aber mehr Peritonitis
Nach sechs und 24 Wochen CAPD bewertete man die Effekte u.a. anhand der Veränderungen beim 6-Minuten-Gehtest (6MWT), der NYHA-Klassifikation, des BNP und N-terminalen pro BNP (NT-pro-BNP), der Lebensqualität und der Hospitalisationsrate. Die Ergebnisse: Der 6-Minuten-Gehtest als Zeichen der Belastbarkeit zeigte eine Steigerung von 57 bzw. 89 % nach sechs bzw. 24 Wochen. Die NYHA-Klassifikation verbesserte sich um 33 bzw. 34 % und die Hospitalisationsrate konnte um 84 % gesenkt werden, so Prof. Galle.
Nach sechswöchiger Behandlung gaben die Patienten eine deutlich höhere Lebensqualität an: Gemäss MLWHF2-Fragebogen stieg sie um mehr als 30 %. Auf die BNP- und NT-pro-BNP-Spiegel hatte die Peritonealdialyse jedoch keinen Einfluss. Die Peritonitisrate lag mit 0,75 Episoden pro Jahr in dieser Studie relativ hoch, so der Experte.Veränderungen bei Blutdruck und echokardiographischen Befunden fanden sich nicht. Als Kritikpunkte an der Studie nannte Prof. Galle, dass die Herzinsuffizienz der Teilnehmer vorab nicht klar definiert worden sei und es keinen Vergleich zwischen Peritonealdialyse und konservativer Therapie gebe.
1 Continously ambulatory peritoneal dialysis
2 Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire
Quelle: Professor Dr. Jan-Christoph Galle vom Klinikum Lüdenscheid, Internistenupdate