Medical Tribune
24. Feb. 2017

Die richtige Therapie gegen 
Bakterien, Pilze, Milben und Viren

LUZERN – Infektionen an den Händen können bakteriell oder viral bedingt oder durch Pilze verursacht sein. Daneben haben aber auch Milben inzwischen wieder eine ungeahnte medizinische Relevanz erlangt. Häufig werden Handinfektionen bagatellisiert, und die zahlreichen potenziellen Auslöser sehr spät identifiziert – und damit die Therapie erschwert.

Am Swiss Dermatology Day wies Professor Dr. Stephan Lautenschlager, Chefarzt, Dermatologisches Ambulatorium, Stadtspital Triemli, Zürich, darauf hin, dass akute Infektionen an den Händen häufig mit Immunsuppression oder Traumata in Verbindung stehen. Aber auch die berufliche Exposition ist nicht selten für die Effloreszenzen verantwortlich. Für den Therapieerfolg sind frühe Diagnose und adäquate Therapie ausschlaggebend; dies gilt insbesondere für subkutane bakterielle Infektionen, die als Notfälle einzustufen sind und häufig einer schnellen chirurgischen Therapie bedürfen. Mykobakteriosen, Aktinomykosen, Katzenkratzkrankheit, Tularämie und Mykosen sowie viral bedingte Handinfektionen verlangen nach einem speziellen Know-how.

Erysipeloid nach
Fisch- oder Fleischkontakt


Bei der blasenbildenden distalen Daktylitis handelt es sich um eine lokalisierte Infektion der Finger-Endglieder, die häufiger bei Kindern als Erwachsenen beobachtet wird (s. Abb. rechts). Oft tritt sie nach einem Bagatelltrauma auf. Der Verdacht lässt sich durch einen Streptokokken-Schnelltest objektivieren. Als Therapie haben sich Betalaktam-Antibiotika über zehn Tage bewährt, so Prof. Lautenschlager.

Das Erysipeloid resultiert aus einer Infektion mit Erysipelothrix rhusiopathiae, die nach einem Trauma in Verbindung mit Fleisch- oder Fischkontakt auftreten kann. Die rot-livide, scharf begrenzte Schwellung, eventuell mit Bläschen oder Erosionen, wird von mildem Fieber und Lymphknotenschwellung begleitet. Aminopenicilline oder Cephalosporine über sieben Tage gelten als Therapie der Wahl.
Die Pasteurellose wird durch Pas-
teurella multocida ausgelöst und tritt meist kurz nach einem Tierbiss auf. 70–90 % der Katzen und bis zu 66 % der Hunde sind infiziert und Überträger. Die schmerzhafte Zellulitis geht mit moderatem Fieber einher, Mittel der Wahl ist Penicillin.

Juckreiz fehlt bei 
Scabies norvegica


Als begünstigende Faktoren für das Auftreten einer Scabies gelten enge Wohnverhältnisse, Armut und Krieg. Dementsprechend muss in Flüchtlingsunterkünften mit vermehrtem Auftreten gerechnet werden. Die Übertragung erfolgt bei engem Körperkontakt durch begattete Weibchen. Die Milben graben sich in die Haut ein, wo sie sich vermehren. Im Direktpräparat und mithilfe der Dermoskopie können die typischen kleinen, dunklen, dreieckigen Strukturen erkannt werden. Für die lokale Ganzkörperbehandlung kommt Permethrin 5 % infrage, mit eventueller Wiederholung nach 14 Tagen. Alternativ kann orales Ivermectin (0,2 mg/kg Körpergewicht) als Einmalgabe verabreicht werden, mit der Option, die Therapie bei Bedarf zu wiederholen. Durch die rechtzeitige Behandlung wird nicht nur die Ausbreitung gestoppt, sondern es werden auch mögliche Komplikationen (Superinfektion, akute Post-Streptokokken-Glomerulonephritis) verhindert. Allerdings sind beide Präparate in der Schweiz nicht zugelassen, weshalb sie importiert werden müssen.

Als besonders ansteckende Variante gilt die Scabies norvegica, die etwa 3 % aller Fälle ausmacht, betonte der Dermatologe. Sie ist durch fehlenden Juckreiz bei Tausenden von Milben charakterisiert. Neben den Betroffenen müssen Angehörige, symptomatisches Personal inklusive Familien sowie auch exponiertes Personal behandelt werden. Ein Ausbruch in einem USAkutspital verdeutlicht die Problematik: Neben 204 Patienten (82 mit Symptomen) mussten 773 Ärzte/Pflegepersonen (113 mit Symptomen) behandelt werden, was mit Kosten von mehr als 50 000 USDollar verbunden war.
Herpes-simplex-Infektionen an den Händen treten sowohl bei Immungesunden als auch unter Immunsuppression auf. Bei Letzterer kommt es häufiger zu Rezidiven, schwereren Verläufen und schlechterem Ansprechen auf die Therapie. Bei Erwachsenen ist die Infektion mit HSV-Typ 2 häufiger, bei Kindern Typ 1. Neben einer unspezifischen Lokaltherapie kann eine systemische antivirale Therapie (episodisch oder als Dauersuppression) indiziert sein.

Rezidivierenden Herpes systemisch therapieren


Beim Herpes recidivans gilt: «Hit early, hit hard». Als Medikamente kommen Valaciclovir (2×2 g für einen Tag), Famciclovir (1,5 g als Einzeldosis) oder Aciclovir (3×800mg für zwei Tage) infrage, so Prof. Lautenschlager. HSV-Infektionen in der Schwangerschaft um den Geburtstermin bedürfen einer systemischen antiviralen Therapie, mit Abstrichen beim Neugeborenen nach 24–48 Stunden. Klinische Kontrollen sind für vier bis sechs Wochen erforderlich.

RW