Medical Tribune
17. Apr. 2024Etwa 3 Prozent der Frauen und Mädchen leiden schwer

PMS/PMDS: wenn prämenstruelle Beschwerden das Leben belasten

Obwohl die meisten Frauen zumindest gelegentlich leichte psychische oder physische Veränderungen gegen Ende der Lutealphase bemerken, leiden etwa drei bis acht Prozent unter Symptomen des prämenstruellen Syndroms (PMS), die ihren Alltag mitunter schwer einschränken. Eingegriffen werden sollte spätestens dann, wenn über Monate regelmässig mehrere starke Beschwerden auftreten. Denn dabei kann es sich auch um die schwere prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) handeln.

Eine diagnosewürdige PMS liegt bei rund drei bis acht Prozent aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter vor.
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Fast alle Frauen im reproduktionsfähigen Alter beobachten gelegentlich leichte emotionale oder körperliche Veränderungen in den ein bis zwei Tagen vor der Menstruation. Die meisten fühlen sich von diesen jedoch nicht entscheidend beeinträchtigt.

Rund drei bis acht Prozent der Frauen haben jedoch in diesem Zeitfenster so schwere Symptome, dass sie sich in ihrem Alltag eingeschränkt fühlen. Damit liegt bei ihnen möglicherweise ein diagnostizierbares prämenstruelles Syndrom (PMS) vor, schreiben Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit (1).

Was ist PMS und PMDS?

Das PMS bezeichnet einen Gruppe von psychischen und körperlichen Symptomen (siehe Kasten), die typischerweise in der späten Lutealphase vorkommen. Meistens beginnen die Symptome rund vier Tage vor, und enden drei Tage nach Menstruationsbeginn.

Noch ausgeprägter ist die prämenstruellen Symptomatik bei der seltenen prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS). Dabei leiden rund zwei bis drei Prozent aller Frauen und Mädchen während der Lutealphase regelmässig unter schweren psychischen Symptomen (2).

Viele Frauen klagen dabei etwa über Angst, emotionale Labilität und Reizbarkeit, in seltenen Fällen auch über Selbstmordgedanken. Beim PMDS sind definitionsgemäss immer Einschränkungen des Alltags vorhanden (z.B. soziale oder berufliche Beeinträchtigungen). Unter einer PMDS dürften rund zwei bis drei Prozent aller Frauen und Mädchen leiden. 

Übliche Symptome bei Betroffenen mit PM(D)S:

Symptome des Gefühls- und Gemütslebens (affektive), sowie behaviorale Symptome

  • Reizbarkeit
  • Angst
  • Depressive Verstimmungen
  • Stimmungsschwankungen
  • Antriebslosigkeit
  • Veränderungen des Essverhaltens
  • Anspannung
  • Kognitive Probleme (z.B. Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisstörungen)
  • Schlafstörungen
  • Libidoveränderungen
  • Sozialer Rückzug
  • In Extremfällen Gedanken an Selbstmord und Suizid

Körperliche Symptome:

  • Kopfschmerzen
  • Geblähter Bauch und Bauchschmerzen
  • Gelenksschmerzen
  • Spannungsgefühl in der Brust
  • Erschöpfung
  • Hitzewallungen
  • Akneschübe

Ursache von prämenstruellen Beschwerden

Hintergrund der prämenstruellen Beschwerden sind wahrscheinlich Schwankungen von Östrogen und Progesteron in der Lutealphase. Es wird vermutet, dass solche Schwankungen der Sexualhormone auch zu Veränderungen bei Neurotransmitterkreisläufen im Gehirn führen, die die Gefühlslage beeinflussen.

So hatten Patientinnen mit PMS in Studien etwa geringere Konzentrationen von Serotonin in der Lutealphase als gesunde Frauen. In der Schwangerschaft, wo eine andere hormonelle Situation vorherrscht, haben PMS-Betroffene die typischen Beschwerden zudem nicht.

Die Forschung deutet zudem zwar darauf hin, dass eine Neigung zum PMS erblich sein könnte (so tragen z.B. Frauen mit PMS manchmal Polymorphismen im Gen für den Östrogenrezeptor‑α [ESR1]). Es gibt jedoch auch nachgewiesene soziale Risikofaktoren für das prämenstruelle Syndrom. Dazu gehören etwa

  • Ein niedriges Bildungsniveau
  • Vorbestehende Angsterkrankungen
  • Starker Stress
  • Hoch ausgeprägte Neurotizismuswerte

Frauen, die prämenstruelle Beschwerden feststellen, sollten zudem bestimmte modifizierbare Lebensstilfaktoren meiden. Dazu zählen:

  • Tabakrauchen
  • Unter- und Übergewicht, sowie
  • eine Ernährung, die reich an Fett, Protein, Salz und Koffein ist

Wie wird das PM(D)S diagnostiziert?

Das PMS wird allgemein meist definiert als das Auftreten von einem bis vier typischen prämenstruellen Symptomen innerhalb von fünf Tagen vor der Menstruation. Für eine PMS-Diagnose muss die Betroffene zudem eine relevante Beeinträchtigung der sozialen oder beruflichen Funktion erfahren.

Das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) definiert ein PMS allerdings bereits als solches, wenn ein relevant funktionsbeeinträchtigendes Symptom mit Manifestation in der Lutealphase vorliegt.

Beim PMDS handelt es sich definitionsgemäss um eine psychische Erkrankung, die auch im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition) angeführt wird. Nach DSM-5 liegt eine PMDS vor, wenn für den Grossteil des vorangegangenen Jahres behaviorale und körperliche Symptome bestanden, und in der Woche vor Menstruationsbeginn fünf oder mehr Symptome auftreten, welche innerhalb weniger Tage nach Menstruationsbeginn vollständig remittieren.

Symptomtagebuch hilft bei der Differenzialdiagnose

Beim diagnostischen Assessment bei PMS und PMDS ist als erstes eine ausführliche Menstruationsanamnese wichtig, bei der der zeitliche Zusammenhang zwischen der Symptomatik und den Zyklusphasen klar werden sollte. Erfasst werden sollten

  • Symptombeginn
  • Symptomende
  • Symptomschwere
  • Assoziierte funktionelle Beeinträchtigungen

Ein prospektives Symptomtagebuch, das üblicherweise während zwei Monaten geführt wird, kann helfen, die Diagnose zu sichern und von anderen Störungen wie z.B. einer Depression abzugrenzen, die keine zeitlichen Parallelen zum Menstruationszyklus haben. Dazu können auch Symptomtracker genutzt werden, die etwa auf der Webseite der IAMPD (International Association for Premenstrual Disorders heruntergeladen werden können.

Abgrenzung von psychischen Störungen entscheidend

Aufgrund der ähnlichen Symptomatik zwischen PMS und manchen psychischen Erkrankungen ist es wichtig, das PMS oder PMDS von Exazerbationen zugrundeliegender affektiver Störungen wie z.B. Depressionen abzugrenzen. Das entscheidende Charakteristikum prämenstrueller Beschwerden ist dabei, dass die Symptome zyklusabhängig variieren, während affektive Symptome sowohl in der Lutealphase als auch in der Follikulärphase bestehen.

Treten PMS-ähnliche Symptome in der 5. Lebensdekade erstmals auf, sollte eher an eine perimenopausale psychische Alterationen als an eine «wirkliche» PMS gedacht werden, erinnern die Autoren zudem. Und auch organische Probleme, wie Ovulationsstörungen (z.B. eine Lutealinsuffizienz) können PMS-ähnliche Symptome verursachen.

Hormonsubstitution hat begrenzte Evidenz

Auch wenn Frauen «nur» unter leichten prämenstruellen Symptomen ohne Funktionsbeeinträchtigung leiden, kann man versuchen, diese mit nichtmedikamentösen Ansätzen zu lindern. Dazu zählen Entspannungsverfahren, körperliches Training, sowie eine Nahrungsergänzung (z.B. mit Mönchspfeffer, Vitamin B6, Vitamin E, Kalzium und Magnesium).

Ein diagnosewertiges PMS sollte jedoch immer gleichzeitig medikamentös und psychotherapeutisch behandelt werden, schreiben die Autoren. Aufgrund der ursächlichen Beteiligung der hormonellen Situation wird oft als erstes ein Therapieversuch mit Progesteronsubstitution in der zweiten Zyklushälfte durchgeführt. Die Evidenz dafür ist allerdings begrenzt. Eine weitere hormonelle Option ist die Gabe monophasischer oraler kombinierter Kontrazeptiva.

Bei schwerem PMS oder PMDS sind selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) die Behandlungsoption mit den besten Wirksamkeitsbelegen. Sie sollten nach einem Therapieplan mit psychiatrischer Rücksprache gegeben werden, und können nicht nur die affektiven PMS-Symptome lindern, sondern scheinen auch bei körperlichen und funktionellen Problemen effektiv zu sein.

Bei Frauen mit sehr schwerer Symptomatik und einer Therapieresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber SSRI und östrogenhaltige Kontrazeptive kann auch die Gabe von GnRh (Gonadotropin-Releasing-Hormon)-Analoga mit Add-back-Therapie für Östrogen oder Östrogen/Gestagen erwogen werden. In Studien führten diese oft zu dramatischen Verbesserungen der Beschwerden.

«Die Tage vor den Tagen» haben oft auch etwas Gutes

In der westlichen Kultur ist alles, was sich um den weiblichen Zyklus und im speziellen die Menstruation dreht, kulturell eher negativ besetzt. Forscher nehmen an, dass Frauen daher auch dazu tendieren, prämenstruelle Veränderungen negativ zu beurteilen (3). Dabei können auch positive Erfahrungen mit dem Prämenstruum verbunden sein. So berichten manche Frauen über

  • Eine Gesteigerte sexuelle Lust
  • Erhöhte Kreativität
  • Ein Gefühl der Erleichterung, oder
  • Euphorie