Medical Tribune
6. Juli 2023Fäkale Mikrobiota eignen sich wohl auch für akute Verläufe

Wie die fäkale Mikrobiota-Transplantation die GvHD eindämmt

Bei der fäkalen Mikrobiota-Therapie werden Kapseln mit Bakterien von einem oder mehreren Spendern verabreicht. Diese scheint sich positiv auf eine akute Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) im Gastrointestinaltrakt auszuwirken. In zwei Studien wurden hohe Ansprechraten beobachtet.

Die Transplantation fäkaler Mikrobiota hilft gegen GvHD.
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Eine Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) gehört zu den unangenehmsten Komplikationen nach einer allogenen Stammzelltransplantation. Zumindest soweit der Gastrointes­tinaltrakt involviert ist, scheinen Störungen des Darmmikrobioms dabei eine zentrale Rolle zu spielen.

GvHD des unteren GI-Traktes mit Bakterien behandeln

Studien zufolge eignet sich die Transplantation fäkaler Mikroorganismen zur Behandlung einer therapie­refraktären GvHD. Forschende prüften nun, ob die Gabe von Kapseln mit solchen Bakterien auch zur Behandlung einer neu dia­gnostizierten akuten GvHD des unteren GI-Trakts infrage kommt.

Von den zehn eingeschlossenen Patienten mit akuter Hochrisiko-GvHD war einer refraktär gegenüber Steroiden, die übrigen therapienaiv. Das erläutert Prof. Dr. ­Zachariah ­DeFilipp vom Massachusetts General Hospital in Bos­ton (1). Behandelt wurden sie daraufhin mit Kapseln mit Mikroorganismen, die von einem einzigen, medizinisch überprüften Spender stammten.

Die Erkrankten nahmen zunächst an zwei aufeinanderfolgenden Tagen je 15 Kapseln und danach als Erhaltung weitere 15 Kapseln dreimal jeweils im Wochenabstand zu sich. Dieses Remine schlossen neun der zehn Teilnehmenden vollständig ab. Damit wurde der primäre Endpunkt der Machbarkeit erreicht.

Komplettremissions-Rate erreichte nach einem Monat 70 Prozent

Es gab keine relevanten, auf die Behandlung zurückzuführenden Nebenwirkungen. Acht Patienten sprachen binnen vier Wochen auf die Therapie an, sechs davon komplett. Alle diese Remissionen setzten dabei innerhalb einer Woche ein. Im unteren Gastrointestinaltrakt betrug die Rate der Komplettremissionen nach 28 Tagen 70 Prozent. Keiner der Teilnehmer erlitt nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 311 Tagen ein Rezidiv.

Die bisherigen zwei Todesfälle gehen auf die GvHD selbst zurück. Sie ereigneten sich in der Gruppe der Non-Responder. Weitere Untersuchungen zur Behandlung der akuten GvHD des unteren Gastro­intestinaltrakts mit der Gabe von Mikrobiota seien daher erforderlich, resümiert Prof. DeFilipp.

Erste Resultate eines französischen Early-Access-Programms zeigten ähnliche Resultate bei 81 vorbehandelten Patienten, sagt Prof. Dr. Dr. ­Florent ­Malard, Sorbonne Université in Paris (2). Von den akuten GvH-Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts waren 51 Prozent vom Grad 3 und 38 Prozent vom Grad 4. Die Betroffenen hatten zuvor bis zu sechs Therapien erhalten, 66 auch bereits Ruxolitinib.

Die GI-Ansprechrate von 56 Prozent nach 28 Tagen korrelierte invers mit dem Grad der GvHD. Im Falle von

  • Grad-2-GvHD betrug sie 89 Prozent,
  • Grad-3-Erkrankung belief sie sich auf 67 Prozent, und
  • bei Grad 4 erreichte sie 32 Prozent.

Ansprechen auf Mikrobiota korrelierte in Studie mit OS

Ähnliches galt für die Überlebens­raten. Sie betrugen für die gesamte Kohorte nach sechs Monaten 51 Prozent und nach zwölf Monaten 39 Prozent. In der Gruppe der Personen, die ansprachen, beliefen sie sich nach sechs Monaten gegenüber denjenigen ohne Response auf 69 versus 28 Prozent. Nach einem Jahr waren es 59 gegenüber 14 Prozent. Von den Menschen, die Ruxolitinib als Zweitlinie und die Mikroorganismen in der Drittlinie erhalten hatten, sprachen 65 Prozent nach vier Wochen an.

14 Prozent erlitten eine Bakteriämie; historische Werte bei einer akuten GvHD mit gastrointestinaler Beteiligung betragen 31–74 Prozent. Interessant sei unter anderem die Korrelation zwischen dem Ansprechen auf die mikrobiologische Therapie und dem Gesamtüberleben, so das Fazit des Referenten. Derzeit läuft bereits eine Phase-3-Studie.