Medical Tribune
1. Feb. 2018Nichtalkoholische Steatohepatitis

Leberkrank im Wohlstandsland

Immer mehr Menschen erkranken an einer nichtalkoholischen Steatohepatitis – meist aufgrund von Übergewicht. Die Krankheit führt oft zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Angesichts der zunehmenden Fettleibigkeit in der Bevölkerung besteht also dringender Handlungsbedarf.

Die nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) entsteht auf dem Boden einer Verfettung der Hepatozyten, erläutern Dr. Anna Diehl vom Department of Medicine der Duke Universität in Durham und Kollege. Studien belegen: 80 % der NASH-Patienten sind übergewichtig oder adipös. Pathogenetisch liegt der Erkrankung ein vermutlich durch toxische Lipidmetabolite induzierter Leberzellschaden zugrunde. Die hierdurch ausgelöste Inflammation fördert wiederum den Gewebeuntergang, chronische Regenerationsvorgänge münden schliesslich in einen fibrotischen Umbau des Leberparenchyms.

Die Dynamik des Prozesses variiert jedoch: Es kann eine Regression zur Fettleber geben, eine konstante Entzündungsaktivität vorherrschen, aber auch eine Progression bis zur Leberzirrhose stattfinden. Bei Letzterer fürchtet man die maligne Entartung: Pro Jahr erkranken etwa 1–2 % dieser Zirrhose-Patienten an einem primären Leberzellkarzinom.

Manipulation des Mikrobioms als präventiver Ansatz?

Verschiedene erbliche und erworbene Faktoren, die offenbar eine Rolle bei der metabolischen Homöostase, dem Gleichgewicht zwischen Energieangebot und -bedarf, spielen, begünstigen die Entstehung einer NASH. Eine Reihe von Genpolymorphismen, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko einhergehen, liessen sich bereits identifizieren. Ferner gibt es Hinweise auf epigenetische Mechanismen sowie modifizierbare Risikofaktoren: Störungen der zirkadianen Rhythmik, beispielsweise durch Schichtarbeit, sowie eine abnorme Zusammensetzung der Darmflora scheinen die Erkrankung zu begünstigen. Inwiefern die Manipulation des intestinalen Mikrobioms – durch Antibiotika, Prä- oder Probiotika – einen Ansatz für präventive oder therapeutische Strategien darstellt, muss sich zeigen.

Zirrhose- und Sterberisiko steigt ab Leberfibrose Grad 2

Etwa jeder vierte Patient mit einer Fettleber entwickelt eine Steatohepatitis. Belastende und kostenintensive diagnostische und therapeutische Massnahmen sollten daher Risikopatienten mit schlechter Prognose vorbehalten sein. Eine hohe NASH-Wahrscheinlichkeit muss angenommen werden, wenn Übergewicht, ein metabolisches Syndrom sowie erhöhte Serum-Transaminasen vorliegen und gleichzeitig andere Ursachen der Leberschädigung ausgeschlossen sind. Mittels Leberbiopsie lässt sich die Verdachtsdiagnose bestätigen und das Ausmass des Zellschadens objektivieren. Der Grad der Leberfibrose (0–4) hat dabei besonders in pro­gnostischer Hinsicht Bedeutung: Im Stadium 2, der portalen Fibrose mit Ausbildung einzelner Septen, steigen das Zirrhose- sowie das Sterberisiko deutlich an.

Patienten mit einem Fibrosestadium 0 oder 1 haben dagegen exzellente Chancen. Die Überwachung des Erkrankungsfortschritts sollte bei ihnen jährlich klinisch sowie mittels Bluttests erfolgen. In Abhängigkeit von den Untersuchungsbefunden können wiederholte Leberbiopsien erforderlich werden. Als Therapie der Wahl nennen die Autoren hier die Änderung der Lebensweise (s. Kasten), eventuell unterstützt durch Pharmaka. Verschiedene Wirkstoffe (z. B. Vitamin E oder der Insulin-Sensitizer Pioglitazon), die sich gegen den metabolischen Stress, die Inflammation oder die Leberfibrose bzw. gegen mehrere dieser Ansatzpunkte richten, testet man zurzeit in grossen klinischen Studien.

Bei NASH-Patienten mit einem Fibrosestadium ≥ 2 richtet sich das Management nach dem Schweregrad der Gewebsveränderungen. Neben der Lebensstiländerung hat insbesondere eine effektive Bekämpfung des metabolischen Syndroms Bedeutung. Die Betroffenen brauchen eine engmaschige Betreuung, um lebensbedrohliche Komplikationen der portalen Hypertension sowie Neoplasien frühzeitig zu erkennen.

Prävalenz in den USA nähert sich der des Typ-2-Diabetes

Die epidemiologische Situation in den USA gibt Anlass zur Besorgnis, schliessen die Kollegen. Schon jetzt leiden etwa 6 % der erwachsenen US-Bürger an einer NASH. Damit nähert sich die Prävalenz der des Typ-2-Diabetes. Angesichts der zunehmenden Fettleibigkeit der US-Bevölkerung – auch unter Kindern – muss man in den nächsten Jahren mit einer weiteren Zunahme der Erkrankungszahlen rechnen. Das macht effektive präventive und therapeutische Strategien – u. a. gesundheitspolitische Massnahmen zur Förderung einer gesunden Lebensweise – dringend erforderlich.

Diehl AM, Day C.
N Engl J Med 2017; 377: 2063–2072.

Gesunder Lebensstil hält die NASH in Schach

  • Folgende Massnahmen werden empfohlen, um eine nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) zu mässigen:
    • bei Übergewicht oder Adipositas 7 % des Körpergewichts abbauen
    • Genuss fruktosehaltiger Getränke einschränken
    • wenig Alkohol konsumieren (pro Tag ≤ 1 Drink für Frauen, ≤ 2 Drinks für Männer)
    • mindestens zwei Tassen koffeinhaltigen Kaffee täglich trinken