Medical Tribune
18. Okt. 2012Typ-1-Diabetiker mit Niereninsuffizienz

Prognose der Zucker-Nephropathie verbessert

Gute Möglichkeiten der Früherkennung, effiziente protektive Therapie: Kann man Typ-1-Diabetiker mit hohem Risiko für eine terminale Niereninsuffizienz heutzutage vor dem Organversagen bewahren?

Proteinurie: Noch 8 Jahre leben?

Studien aus den 1980er Jahren bezifferten die schlechte Prognose genau: Vom Auftreten der Proteinurie bis zum Tod dauerte es damals in einem Kollektiv von Typ-1-Diabetikern im Mittel nur sieben bis acht Jahre. Die Todesursachen: Urämie oder kardiovaskuläre Erkrankung.

Intensive BZ-Kontrolle bekommt auch der Niere

Seit der Möglichkeit, die renale Gefahr anhand der Mikroalbuminurie früher zu erkennen, bemühten sich Ärzte, mit aggressiver Nierenschutztherapie die Organzerstörung zu verhindern. Professor Dr. Sally M. Marshall von der Newcastle University untersuchte, ob diese Rechung aufgeht.

Wie haben sich Inzidenz und Verlauf der Nephropathie innerhalb der letzten Jahrzehnte entwickelt? Hierzu fand der Kollege aussagekräftige Studien, die belegen, dass die terminale Niereninsuffizienz trotz steigender Prävalenz des Typ-1-Diabetes seltener geworden ist. Trat in den 1980ern der Peak der Proteinurie nach einer Erkrankungsdauer von 16 Jahren auf, so hat dieser sich laut neueren Studien nach hinten verlagert.

Proteinurie: Heutzutage noch 30 Jahre leben!

Heute vergehen bis zu 30 Jahre, bevor eine Zuckerkrankheit von Proteinurie begleitet ist. Die kumulative Nephropathie-Inzidenz hat sich dagegen nicht verändert. Bessere Stoffwechselkontrolle, antihypertensive Therapie, Gebrauch von Statinen und ACE-Hemmern sowie der Rückgang des Nikotinabusus haben zum Hinauszögern der Proteinurie beigetragen, vermutet Prof. Marshall.

Lag in den 1980ern die "Chance" eines Typ-1-Diabetikers, über vier Jahrzehnte Erkrankungsdauer eine teststreifenpositive Proteinurie zu entwickeln bei 40 %, hat sich diese heute deutlich reduziert. Die Prognose hat sich verbessert: Gegenüber den 1980er-Jahre-Studien (sieben bis acht Jahre) beziffert eine Arbeit aus dem Jahr 2005 das mittlere Überleben vom Auftreten der Proteinurie auf knapp 22 Jahre.

Nierenversagen nur aufgeschoben, nicht verhindert

Auch Untersuchungen von 2011 belegen eine verlängerte Spanne vom Zeitpunkt "erstmalig Eiweiss im Urin" bis zu Nierenversagen oder Tod. Neuere Daten zeigen zudem, dass man die Mikroalbuminurie zu Regression bringen kann, und dass intensive Insulintherapie und niedrige HbA1c-Werte mit besserer Nierenprognose einhergehen.

Der prognostische Gewinn sei sicher u.a. dem Mikroalbumin-Test und dem aggressiven Management von Glukose und KHK-Risikofaktoren zu verdanken, meint die Kollegin. Nieren- und Patienten-Überleben haben sich verbessert, bleiben aber viel schlechter als bei Typ-1-Diabetikern ohne Protein-urie. Alles in allem habe man den Nierenschaden eher verschoben als vermieden, so der Experte: Auch wenn ein Aufschub von zehn Jahren oder mehr begrüssenswert sei, solle man unbedingt weiter nach besseren Therapieoptionen suchen.

Quelle: Sally M. Marshall, Diabetologia 2012; 55: 2301-2306