Medical Tribune
22. Mai 2023Tirbanibulin ist effektiv und verursacht wenig Lokalreaktionen

Neue Therapeutika am Horizont bei der aktinischen Keratose

Die aktinische Keratose ist eine Erkrankung des höheren Alters, sie wird durch die kumulative Dosis ultravioletter Strahlung verursacht. Ist sie vorhanden, erhöht sich das Risiko für das Plattenepithelkarzinom. Eine korrekte Behandlung ist daher unerlässlich. Therapeutisch stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung – auch mittels eines neuartigen, topischen Mikrotubuli-Inhibitors.

Aktinische Keratose am Handrücken
wikimedia commons

Aktinische Keratosen sind eine Vorstufe des Plattenepithelkarzinoms (SCC, Squamous Cell Carcinoma) und können im Verlauf in ein solches übergehen. Dabei geht das spinozelluläre Karzinom, das Plattenepithelkarzinom der Haut, in rund 70 Prozent aus einer aktinischen Keratose hervor, erklärt Professor Dr. Robert Hunger, Leitender Arzt und Leiter des Hauttumorzentrums am Inselspital Bern (1).

Sonnencreme schützt nicht gegen alle schädlichen Strahlen

Die Spinaliom-Entwicklung kann ausserdem bereits in frühen Erkrankungsstadien der aktinischen Keratose vonstatten gehen. Es entwickelt sich aus chronisch sonnenexponierter, UV-geschädigter Haut. Die Inzidenz steigt mit dem Alter; in der Schweiz beträgt diese 30 / 100 000. Ein heller Hauttyp, kumulative UV-Belastung, eine Immunsuppression oder eine onkogene HPV-Infektion gelten als Risikofaktoren.

So entwickeln etwa fünf Jahre nach einer Transplantation bis zu 20 Prozent der Transplantierten einen nicht-melanozytären Hauttumor, 20 Jahre nach einer Transplantation verdoppelt sich das Risiko auf 40–50 Prozent. Was das Sonnenlicht anbelangt, zeigten neuere Studien ausserdem, dass nicht nur das UV-Licht, sondern auch hoch energetisches Blaulicht (HEV) der Sonne Zellschäden verursachen kann. Gegen HEV schützen die meisten Sonnenfilter indes nicht.

Charakteristisch für aktinische Keratosen sind seit Längerem bestehende, meist makulöse, raue Herde auf chronisch sonnenexponierter Haut. Eine Histologie (Stanzbiopsie) sollte bei Infiltrationen und Erosionen stattfinden, so Prof. Hunger.

Photodynamische Therapie funktioniert auch mit Tageslicht

«Aktinische Keratosen können sich spontan zurückbilden. Unerlässlich ist dabei ein ausreichender Schutz vor Sonne», betont der Experte. Soll die aktinische Keratose entfernt werden, ist die Behandlung mit einer Kryotherapie (flüssiger Stickstoff) die am häufigsten angewendete Methode. Dabei führt der Arzt eine bis zwei Sitzungen durch, die Abheilraten betragen dabei 75–98 Prozent.

Bei der photodynamischen Therapie (PDT) erfolgt eine gezielte Bestrahlung mittels einer Speziallampe, um Sauerstoff­radikale zu erzeugen, die das Tumorgewebe gezielt zerstören. Als Photosensitizer trägt man vor der Bestrahlung Aminolävulinsäure (Methyl-δ-ALA) als Creme auf, anschliessend erfolgt eine Okklusion des behandelten Gebietes für zwei bis drei Stunden. Vorteil der PDT ist ein gutes kosmetisches Resultat, die Abheilrate beträgt 70–90 Prozent.

Seit 2016 ist ausserdem die «Daylight PDT (DL-PDT)» als Therapiealternative zugelassen. «Hierzu benötigt der Arzt keine spezielle Lampe mehr, der Patient setzt sich nach draussen ans Tageslicht. Patienten berichten über weniger Schmerzen im Vergleich zur konventionellen PDT», so Prof. Hunger. Studien bestätigen eine vergleichbare Abheilrate der DL-PDT im Vergleich zur PDT nach zwölf Wochen.

Alternative lokale Therapien erfolgen mit Imiquimod oder Fluorouracil. Eine Analyse aus 2018 belegt, dass eine Chemoprävention mit Fluorouracil zu einer Verminderung des Auftretens von Spinaliomen führt.

Tirbanibulin als neue Lokaltherapie

Seit Mitte 2022 ist in der Schweiz ausserdem der Mikrotubuli-Inhibitor Tirbanibulin als neue Lokaltherapie zugelassen, er wirkt antiproliferativ und zytotoxisch. Dabei verursacht er kaum kosmetische Nebenwirkungen wie Rötungen oder Verfärbungen der Haut, wodurch er sich für eine Anwendung im Gesicht oder der Kopfhaut eignet.

«Der Wirkung liegt ein dualer Mechanismus zugrunde, dieser hemmt die Signalwege und die Polymerisation», so der Experte. Tirbanibulin wendet der Patient einmal täglich topisch an, an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. In Studien betrug die mediane prozentuale Reduktion der Anzahl der Läsionen im Vergleich zum Ausgangswert 83 Prozent. Lokale Reaktionen bildeten sich spontan zurück.