Medical Tribune
12. Juli 2015Schmerzlose Hautveränderung

Hauttumor entpuppt sich als Kutane Leishmaniose

Der von einem interdisziplinären Schweizer Ärzteteam geschilderte Fallbericht ist typisch: Eine rüstige 66-Jährige stellt sich mit einer seit sechs Monaten progredienten, schmerzlosen Hautveränderung auf dem rechten Handrücken vor. Aus einer leichten Rötung hatte sich zunächst eine erhabene Papel entwickelt. Schliesslich bildeten sich Ulzerationen mit zentraler Krustenbildung.

Allergien und regelmässige Medikamenteneinnahme verneinte die Patientin, berichtete aber von einer rund sechs Monate zurückliegenden Trekking-Tour im Sinai: Mehrfach sei sie von Mücken gestochen worden. Dies lenkte den Verdacht der Dermatologen auf eine kutane Leishmaniose als Differenzialdiagnose zum Plattenepithelkarzinom, das als erste Verdachtsdiagnose nahe lag.

Die Histologen bestätigten: In einer 5-mm-Punch-Biopsie der Läsion fanden sich zahlreiche Amastigoten, also geissellose Formen von Leishmanien. Andere Ursachen wie Mykobakterien oder kutane Tumoren schlossen die Experten aus. Mittels molekularbiologischer Untersuchung konnte DNA von Leishmania tropica nachgewiesen werden.

Südamerikanische Leishmaniose wesentlich gefährlicher

Gemäss Leitlinien erhielt die Patientin eine zwölfwöchige systemische Therapie mit 2 x 100 mg Itraconazol täglich. Darunter bildete sich die Läsion bereits nach zwei Wochen deutlich zurück und heilte schliesslich ab.

Mit einer Prävalenz von etwa zwölf Millionen Fällen weltweit ist die Leishmaniose eine in Endemiegebieten häufige Infektionskrankheit. Etwa 90 % der Erkrankungen treten in den Mittelmeer-Anrainerstaaten, dem nahen und mittleren Osten, in Indien, Nordwest-China und gro­ssen Teilen Afrikas auf. Diesen Infektionen in der "Alten Welt" stehen Fälle in der "Neuen Welt", Mittel- und Südamerika, gegenüber; die Rate liegt bei 10 %.

Kutane Leishmaniose heilt meisst spontan ab

Übertragen wird die Leishmaniose durch Sandmücken, die Inkubationszeit beträgt zwei Wochen. Drei Verlaufsformen sind bekannt: Die häufigste ist die kutane Leishmaniose, die bei Infektionen in der "Alten Welt" spätestens nach zwei Jahren spontan abheilt. Trotzdem wird vor allem bei kosmetisch störenden Läsionen systemisch oder lokal therapiert, eine spezies-übergreifende Standardtherapie gibt es derzeit allerdings nicht.

Bei den kutanen Leishmaniosen Mittel- und Südamerikas ist aufgrund einer höheren Komplikationsrate immer eine systemische Therapie anzustreben. Mukokutane oder viszerale Leishmaniosen gehen häufig mit schwereren Verläufen einher, sodass hier in der Regel eine systemische und hoch dosierte Behandlung indiziert ist.

Quelle

Text und Abb.: S. Schaller-Bugnon, W. Kempf, S. Plaza, T. Plaza, "Kutane Leishmaniose als Differenzialdiagnose zum Plattenepithelkarzinom am Handrücken einer 66-jährigen Patientin", Akt Dermatol 2015; 41: 54–57, © Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart