Medical Tribune
23. Juni 2015

Mit Akupunktur schneller aus der Narkose erwacht

Schon länger gibt es Hinweise, dass die Akupunktur z.B. postoperative Schmerzen, Erbrechen und extubationsbedingte Laryngospasmen lindern kann. Italienische Anästhesisten wollten nun wissen, ob fernöstliche Nadelkunst auch die Aufwachphase nach einer Allgemeinnarkose verkürzt.

Für ihre Studie rekrutierten sie 50 Patienten, die sich am San Raffaele Hospital in Mailand einem elektiven Eingriff unterzogen. Jeweils nach dem Ausleiten der Anästhesie erfolgte die Randomisierung auf eine von fünf Gruppen. Die erste wurde bilateral am Punkt KI1 (Fusssohle) genadelt, die zweite an DU26 (Oberlippe), die dritte an beiden Punkten, die vierte erhielt lediglich eine Scheinakupunktur und die fünfte blieb gänzlich ohne Nadelkontakt.

Narkotika-Abbau durch Akupunktur beschleunigt

Ausgewertet werden konnten letztlich 47 Patienten. Dabei zeigten sich in drei klinischen Parametern Vorteile zugunsten der echten Akupunktur im Vergleich zur Scheinnadelung (Zeit bis zum Augenöffnen, bis zur Extubation und bis zum Befolgen von Kommandos). Auch die Tiefe der Sedierung, erfasst anhand der Hirnstromkurven (bispektraler Index), verringerte sich mit kunstgerechter Akupunktur zeitiger.

Aufgrund dieser Ergebnisse vermuten die italienischen Anästhesisten, dass die Erholung nach der Narkose tatsächlich durch Akupunktur beschleunigt wird. Möglicherweise wirken die beiden Punkte DU26 und KI1 dabei sogar synergistisch. Noch ungeklärt ist bisher, wie dieser Effekt zustande kommt. Möglicherweise verbessert die Reizung der beiden Akupunkturpunkte die Funktion von Herz und Lunge und fördert so den Abbau der Narkotika. Zu einer solchen Funktion passen auch die Namen: KI1 ist der Jing-Quellenpunkt des Nierenkanals, DU26 das “Herz des Menschen”.

Quelle: Marco Gemma et al., 
J Integr Med 2015; 13: 99-104