Medical Tribune
20. Juli 2024Mehr Stimmungs-, Angst- und Essstörungen

Erhöhtes Risiko für psychische Probleme bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes

Kinder, die an Typ-1-Diabetes erkranken, haben ein deutlich höheres Risiko für psychische Probleme wie Stimmungs- und Angststörungen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die den dringenden Bedarf an Unterstützung der psychischen Gesundheit von Betroffenen unterstreicht.

Die Diagnose Typ-1-Diabetes hat für Kinder gravierende Folgen.
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Die Diagnose Typ-1-Diabetes hat für Kinder gravierende Folgen. Bei manchen führen diese zum Diabetes-Distress»

Die Studie unter britischer und tschechischer Federführung wurde im Journal Nature Mental Health veröffentlicht (1).

Sie zeigt, dass Kinder mit Typ-1-Diabetes im Vergleich zu gesunden Kindern mehr als doppelt so häufig an Stimmungsstörungen und über 50 Prozent häufiger an Angststörungen erkranken. Die Gründe für die psychischen Probleme orten die Forscher eher beim Erkrankungsmanagement als bei biologischen Hintergründen.

Wie wirkt sich Typ-1-Diabetes auf die psychische Gesundheit aus?

Schon frühere Studien legten potenzielle Zusammenhänge zwischen Typ-1-Diabetes im Kindesalter und verschiedenen psychischen Störungen im Erwachsenenalter nahe.

Unklar ist aber bislang, ob diese Zusammenhänge hauptsächlich durch die Belastungen im Zusammenhang mit der Krankheit und deren Behandlung erklärbar sind, oder ob es gemeinsame biologische Mechanismen gibt, wie die Auswirkungen instabiler Blutzuckerwerte auf das sich entwickelnde Gehirn.

Typ-1-Diabetes

Weltweit sind rund 8,7 Millionen Menschen von Typ-1-Diabetes betroffen. Die Autoimmunerkrankung führt zur Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen im Pankreas. Sie wird typischerweise im Kindesalter diagnostiziert und begleitet die Betroffenen ein Leben lang.

Das Management der Erkrankung beinhaltet dabei unter anderem Blutzuckerkontrollen und Insulininjektionen. Technologische Fortschritte könnten dabei in den kommenden Jahren wesentliche Verbesserungen für die Typ-1-Diabetes-Behandlung bringen.

Depressionen, Essstörungen, Schlafstörungen vermehrt bei Typ-1-Diabetikern

Um diese Frage zu klären, untersuchte das Forscherteam Daten von über 4.500 Kindern mit Typ-1-Diabetes (Durchschnitt 8,7 Jahre, 52,8 % Jungen) aus einem nationalen Register in der Tschechischen Republik sowie Daten aus gross angelegten europäischen DNA-Studien.

Während des zehn bis 24 Jahre dauernden Nachbeobachtungszeitraumes entwickelten junge Menschen mit Typ-1-Diabetes dabei im Vergleich zu gesunden Kindern mehr als doppelt so häufig Stimmungsstörungen wie Depressionen (HR 2,32), und um 50 Prozent häufiger Angststörungen (HR 1,61).

Ausserdem hatten sie ein mehr als vierfach erhöhtes Risiko, Verhaltensstörungen wie Ess- und Schlafstörungen zu entwickeln.

Umgekehrt war ihr Risiko für psychotische Störungen deutlich geringer (HR = 0,55; 95% CI = 0,33-0,91).

Wenig Hinweise auf biologische Ursachen

Mittels Mendelscher Randomisierung untersuchten die Forscher ausserdem kausale Zusammenhänge zwischen Typ-1-Diabetes und verschiedenen psychiatrischen Störungen. Für einen gemeinsam zugrundeliegenden biologischen Mechanismus fanden sie jedoch nur wenig Hinweise.

Autor Tomáš Formánek, Doktorand an der Universität Cambridge und am Nationalen Institut für psychische Gesundheit in Klecany, Tschechische Republik, erklärte in einer Pressemeldung: «Obwohl wir einen besorgniserregenden Anstieg des Risikos für psychische Gesundheitsprobleme bei Menschen mit Typ-1-Diabetes festgestellt haben, deuten unsere Studie und frühere Untersuchungen darauf hin, dass dies wahrscheinlich nicht auf gemeinsame biologische Mechanismen zurückzuführen ist.»

«Diabetes-Distress» wahrscheinlich für spätere psychische Probleme verantwortlich

Die Forscher vermuten dagegen, dass die psychischen Probleme im späteren Leben darauf zurückzuführen sind, dass Kinder mit Typ-1-Diabetes gezwungen sind, erhebliche Veränderungen in ihrem Leben vorzunehmen. Dazu gehören etwa ständige Anpassungen beim Essverhalten, die Kontrolle des Blutzuckers und das Verabreichen von Insulinspritzen. Dies führt für vielen Betroffenen zur Ausgrenzung durch Gleichaltrige oder Betreuungspersonen, oder zum Ausschluss von sozialen Aktivitäten.

Autor Dr. Benjamin Perry vom Fachbereich Psychiatrie der Universität Cambridge sagt: «Wir wissen, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes unter ‚Diabetes-Distress‘ leiden können. Dies kann extreme Frustration über den Blutzuckerspiegel, Isolation und Burnout, Hoffnungslosigkeit und ein Gefühl des Kontrollverlusts umfassen. Es ist daher wenig überraschend, dass sie einem erhöhten Risiko für zusätzliche psychische Probleme ausgesetzt sind, die bis ins Erwachsenenalter andauern können.»

Die Autoren betonen daher die Bedeutung von Prävention und kontinuierlicher Aufmerksamkeit für die psychischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes.

Dieser Beitrag wurde redaktionell erstellt, mit Unterstützung durch mehrere Tools, einschliesslich KI. Vor der Veröffentlichung wurde der Inhalt von menschlichen Redakteuren geprüft.