Medical Tribune
14. März 2024Mangelhafter Zustand trotz Normwert

Defizit an Vitamin B12 frühzeitig erkennen und behandeln

Ein Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin) entwickelt sich oft über einen längeren Zeitraum. Selbst bei angemessener Behandlung können die Symptome manchmal ebenso lange dauern, bis sie verschwinden. Daher ist es umso wichtiger, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und frühzeitig auf Anzeichen von Krankheit zu reagieren.

Hand hält Schild mit Aufschrift B12
concept w/stock.adobe.com
Gesunde Erwachsene benötigen täglich etwa 4–7µg Vitamin B12.

Gesunde Erwachsene benötigen täglich etwa 4–7 µg Vit­amin B12. Ein Mangel tritt am häufigsten durch eine Fehlernährung auf.

Besonders gefährdet sind Menschen, die vegetarisch oder vegan leben. Wenn trotz ausreichender Aufnahme des Vitamins über die Nahrung ein Cobalaminmangel vorliegt, sollte eine Malabsorptionsstörung in Betracht gezogen werden, ist in einer aktuellen Übersichtsarbeit zu lesen (1).

Anämie nur bei 20 % der Betroffenen

Dies gilt zum Beispiel für Patienten mit Typ-1-Diabetes oder einer Hashimoto-Thyreoiditis. Die bekannteste Form des Vitamin-B12-Mangels ist die perniziöse Anämie (Morbus Biermer).

Viele Ärzte sind der Meinung, dass die Mangelkrankheit immer mit einer Anämie einhergeht. Dies ist jedoch ein Irrtum, betonen die Autoren. Denn tatsächlich liegt nur bei weniger als 20 Prozent der Betroffenen eine Blutarmut vor.

Ein Cobalaminmangel zeigt sich oft in Form kognitiver, mentaler oder
neurologischer Symptome:

  • geringere geistige Leistungsfähigkeit, Vergesslichkeit, Lern- und Konzentrationsprobleme, nominale Aphasien, Kopfschmerzen, insbesondere Migräne
  • Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Depressionen, Ängste und Schlaflosigkeit, Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Psychosen
  • Parästhesien inkl. Taubheitsgefühle, Gleichgewichtsstörungen, Ataxien, Tinnitus, autonome Dysfunktion

Auch Müdigkeit, Muskelschwäche, Glossitis, Gewichtsverlust oder abdominelle Beschwerden können ein Defizit anzeigen.

Gabe in den Muskel gilt als effektiv und sicher

Die Diagnose ist manchmal schwierig, da sie nicht zwangsläufig anhand der Vitamin-B12-Serumspiegel oder anderer Biomarker wie Homocystein oder Methylmalonsäure gestellt werden kann. Im Allgemeinen erfordern Blutwerte von < 148 pmol/l in Verbindung mit Symptomen eine Behandlung. Doch auch Patienten mit normalen Werten können Beschwerden haben, insbesondere wenn sie bereits ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen. In solchen Fällen kann eine vorübergehende Injektion des Vitamins helfen, die Situation zu klären.

Um einen Mangel gar nicht erst entstehen zu lassen, empfehlen die Autoren bei besonders gefährdeten Menschen eine orale Supplementation, zum Beispiel mit 20–50 µg Cyano­cobalamin pro Tag. Diese Empfehlung gilt auch für Patienten, die absorptionshemmende Medikamente wie Metformin und Protonenpumpenhemmer einnehmen. Ein mangelbedingter Mangel kann durch intramuskuläre Injektionen ausgeglichen werden, zum Beispiel mit Hydroxocobalamin 1000 µg ein- bis zweimal pro Woche für bis zu zwei Jahre. Bei abklingender Symptomatik wechselt man zu einem oralen Medikament.

Symptome dauern oft noch über Jahre an

Auch eine Resorptionsstörung erfordert intramuskuläre Injektionen mit individuell angepasster Dosierung. Wenn sich die Beschwerden verbessern, können die Intervalle zwischen den Injektionen verlängert werden. Das Ziel der Behandlung ist anhaltende Symptomfreiheit.

Die Injektion in den Muskel gilt als wirksam und sicher. Präparate ohne Benzylalkohol sind besser verträglich und können auch während der Schwangerschaft und für Kinder verwendet werden. Mitunter vergehen Jahre, bis die neurologischen Symptome verschwinden. Je länger sie andauern und je grösser das Defizit, desto eher bleiben Residuen.