Medical Tribune
8. Feb. 2024Katzenbiss mit toxischen Folgen

Wundspülung mit Antiseptikum führte zu Gewebeschaden am Daumen

Die Wunde einer Patientin verschlechterte sich nach einem Katzenbiss trotz angemessener Erstversorgung. Die Ärzte in der Klinik konnten schnell die Ursache dafür identifizieren, der in der Wundspülung selbst lag.

Nahaufnahme eines entzuendeten Daumens nach Katzenbiss.
Science Photo Library/Camazine, Scott
Ein Katzenbiss ist nicht nur schmerzhaft, sondern ein medizinischer Notfall, da ­häufig Keime in die Wunde gelangen. (Abb. zeigt nicht den beschriebenen Fall).

Eine 40-jährige, ansonsten gesunde Frau suchte nach einem Katzenbiss noch am selben Tag die Hausarztsprechstunde auf. Die Verletzung befand sich am rechten Daumen. Der Hausarzt behandelte die Wunde nach gängiger Methode mit einem Schnitt und Spülung.

Am nächsten Tag nahmen Schwellung und Schmerzen zu, weshalb die Patientin in die Notfallstation überwiesen wurde. Der Hausarzt informierte die Kollegen telefonisch über die bisherige Behandlung. Diese umfasste eine Wundspülung mit Octenidindihydrochlorid-Phenoxy­ethanol-Lösung, Ruhigstellung, Beginn einer oralen Antibiotika-Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure 3 x 1 g p.o. sowie einer analgetischen Therapie mit Metamizol, Paracetamol und Diclofenac plus Panto­prazol.

Der Lokalbefund bei Ankunft auf der Notfallstation zeigte eine Schwellung und Induration der Fingerbeere mit leichter Rötung bis zum Metacarpophalangeal­gelenk I, schreiben Dr. ­Lena ­Fuest und Kollegen vom Inselspital in Bern (1). Die Patientin gab Spannungsgefühl und Druckdolenz an. Mit einer Röntgen­aufnahme wurden Fremdkörper ausgeschlossen. Sonografisch bestand kein Anhalt für einen Abszess oder eine Beugesehnenscheiden­phlegmone. Das Subkutan­gewebe imponierte deutlich aufgelockert.

Insgesamt bestand der Verdacht auf eine toxische Reaktion auf die Spülung. Daraufhin wurde ein Débridement inklusive Gewebebiopsie vorgenommen. Die mikrobiologische Untersuchung ergab kein Bakterien­wachstum.

Die Ärzte empfahlen der Patientin eine Kortisonstoss­therapie, diese lehnte sie allerdings ab. Zudem bestanden Bewegungsdefizite im Interphalangeal- und Metacarpophalangeal­gelenk des Daumens mit Einschränkung der Opposition. Die Patientin erhielt daher eine Hand­rehabilitation ergänzend zur Wundbehandlung. Der Hautdefekt blieb hartnäckig und zeigte auch nach sieben Monaten keine Anzeichen einer Heilung. Die umgebende Haut reagierte zwischenzeitlich mit Feuchtigkeitseinwirkung und Ablösung.

Wundspülung nur zur oberflächlichen Anwendung geeignet

Der klinische Fall wurde bei einem Pharmakovigilanzsystem gemeldet. Die Kausalität zwischen Gewebeschaden und der desinfizierenden Behandlung wurde formal als wahrscheinlich beurteilt.

Beim verwendeten Antiseptikum handelt es sich um eine farblose, bakterizide, fungizide und teils viruzide Lösung. Gemäss Schweizer Fachinformation ist sie zur Desinfektion von Haut, Schleimhaut und Wunden sowie zur Nahtversorgung bestimmt. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass das Produkt nicht ins Gewebe injiziert werden darf, da dies zu Ödemen und Gewebsnekrosen führen kann, die u.U. eine chirurgische Intervention notwendig machen.

Die Anwendung unter Druck führt typischerweise innerhalb von 24 Stunden zu Rötung, Schwellung und Schmerzen, insbesondere an den Extremitäten kann es zu einem Kompartmentsyndrom kommen. In der umliegenden Muskulatur können Fettgewebsnekrosen und fibrotische Veränderungen auftreten.

Die Autoren vermuten, dass die Lösung zu tief in das Zwischengewebe eingedrungen ist und dort die Schädigung verursacht hat. Der genaue Mechanismus dieser unerwünschten Arzneimittelwirkung ist jedoch noch nicht vollständig bekannt.