Medical Tribune
3. Sept. 2023Sehkrank im Urlaub

Augenprobleme auf Reisen vorbeugen und behandeln

Von der Höhenretinopathie bis zum Parasitenbefall: In der Ferien­zeit haben andere Augenerkrankungen Konjunktur als im restlichen Jahr. Viele Patienten suchen zunächst hausärztlichen Rat. Ein Überblick über die wichtigsten Diagnosen.

Neue Augenprobleme sind besonders auf Reisen keine Seltenheit.
Science Photo Library/ Whitten, Paul
Auch parasitäre Infektionen wie die Toxoplasmose können zu Augenproblemen führen.

Ferien können den Augen Probleme bereiten – das beginnt häufig schon bei der Anreise. Wegen der trockenen Luft im Flugzeug drohen Juckreiz, Tränen und Kontaktlinsen­intoleranz. Auch der niedrige Kabinendruck belastet das Sehorgan, schrei­ben irische Autoren in ihrer reisemedizinischen Übersichtsarbeit zum Thema Augenprobleme auf Reisen (1).

Etwa ein bis zwei Prozent der Flug­reisenden erleben stechende oder pulsierende fronto­orbitale Schmerzen, die meistens im Sinkflug oder bei der Landung beginnen. Gegen «Flugzeug-Kopfschmerz» helfen Valsalva-Manöver, Kauen und Gähnen. Auch die prophylaktische Einnahme von NSAR und lang wirksamen Triptanen kann die Beschwerden lindern.

Bei Hochgebirgstouren Vorerkrankungen bedenken

Nach einer Augen-OP mit intra­oku­lä­rer Gasinjektion sollten Flüge bis zur vollständigen Resorption der Gase (ca. 2–6 Wochen) unterbleiben. Denn durch die Volumenexpansion über den Wolken droht ein rascher Anstieg des Augeninnendrucks. Auch von ischämischer Optikus­neuropathie und der Verschlechterung eines diabetischen Makula­ödems nach Flugreisen wurde berichtet.

In Einzelfällen kann durch die schlechte Beleuchtung in der Kabine und die daraus resultierende Mydriasis auf Langstreckenflügen ein sogenannter Glaukom-Anfall (akuter Winkelblock) induziert werden, was einen ophthalmologischen Notfall darstellt. Für Patienten mit chronischem Glaukom sind Flugreisen jedoch ungefährlich, so die Autoren.

Niedriger Luftdruck kann auch ausserhalb des Flugzeugs eine Rolle spielen: Die Höhenretinopathie tritt vor allem bei Trekkern auf, die über 4.900 m aufsteigen. Besonders gefährdet sind dehydrierte Bergtouristen und solche mit kardialen und respiratorischen Vorerkrankungen. Die überwiegend asymptomatische Störung bildet sich meist von selbst zurück, bei Bedarf kann eine Sauerstoff-Applikation erfolgen.

Beim Gerätetauchen drohen ­Augenläsionen durch die Druckdifferenz zwischen dem Inneren der Maske und dem umgebenden Wasser. Bindehautgefässe können rupturieren. In seltenen Fällen entsteht ein orbitales subperiostales Hämatom, das den intraokulären Druck massiv erhöht und den N. opti­cus komprimiert. Betroffene müssen notfallmässig behandelt werden.

Das Risiko für Augenprobleme ist bei Bergsteigern, Skifahrern und Strandgängern erhöht

Bergsteiger, Skifahrer und Strandgänger tragen ein erhöhtes Risiko für eine UV-Keratitis. Die auch Schneeblindheit genannte photochemische Reaktion führt zu Augenschmerzen, Tränenfluss, Chemosis und Blepharospasmus. Vorübergehend ist evtl. auch das Sehvermögen eingeschränkt. Die Störung manifestiert sich Stunden nach der Exposition und geht innerhalb von drei Tagen zurück.

Zudem ist auf Auslandsreisen mit Augeninfektionen zu rechnen, vor allem in weniger entwickelten Ländern. Begünstigend wirken unter anderem das Tragen von Kontaktlinsen und oberflächliche ­Augenschäden. Betroffene klagen über Schmerzen, Photophobie und Visusminderung. Therapeutisch wirken antimikrobielle Wirkstoffe, pupillenerweiternde Tropfen und Steroide. Pilzbedingte Hornhautentzündungen treten vor allem in Südasien auf.

Eine weitere häufige Ursache für okuläre Entzündungen sind Parasiten, die insbesondere in
(sub)tropischen Regionen vorkommen. Die Toxoplasmose wird meist durch unzureichend erhitztes Fleisch und Schalentiere übertragen und löst eine Retino­choroiditis aus. Ein schwerer Verlauf wird vor allem in Mittel- und Südamerika beobachtet. Wegen möglicher Rezidive ist eventuell eine langfristige Kontrolle erforderlich.

Würmer können eine posteriore Uveitis auslösen

Bei Reisen in afrikanische Länder südlich der Sahara ist zu bedenken, dass Malaria auch die Augen befallen kann. Pathogenetisch für die Malaria-Retinopathie wirken Gefäss­­okklusion und Ischämie. Eine spezifische Behandlung steht bisher nicht zur Verfügung, wohl aber eine Chemoprophylaxe mit Hydroxychloroquin. Ausserdem sollten Reisende Schutzmöglichkeiten (Moskito­netz, Repellents etc.) nutzen. Auch andere Parasiten kommen als Erreger in Betracht. So können Würmer eine posteriore Uveitis auslösen, therapeutisch wirken Ant­hel­min­thika und gegebenenfalls eine chirurgische Entfernung.

Reisende mit vorbestehenden Augenerkrankungen sollten immer genügend Medikamente in der Originalverpackung im Handgepäck mitnehmen. Viele Länder erlauben es, einen persönlichen Vorrat für einen Monat einzuführen. Zur Sicherheit sollte man aber ein Rezept vom eigenen Arzt ebenfalls dabeihaben.

An Medikamentenverfügbarkeit in fremden Ländern denken

Zu beachten ist, dass man in weniger wohlhabenden Ländern des Öfteren an Arzneimittel­fälschungen gerät. Patienten mit relevanten Augenproblemen besprechen ihre Reisepläne deshalb am besten vorab mit ihrem Ophthalmologen.

Beim Tragen von Kontaktlinsen muss man im Ausland ggf. vermehrt mit Komplikationen rechnen. So treten mikrobielle Keratitiden häufiger auf und werden oft durch Pseudomonas aeruginosa und Akanth­amöben ausgelöst. Die Autoren empfehlen Tageslinsen. Zudem sollten Reisende nicht mit eingesetzten Kontaktlinsen schlafen, duschen oder schwimmen. Im Wasser bietet sich eine Schwimmbrille mit Sehstärke als Alternative an.