Diagnose und Therapie der Gallenkolik
Eine Gallenkolik ist oft das erste Symptom bisher unbekannter Steine. Sie kann auch auf lebensbedrohliche Komplikationen hinweisen. Zur Differenzierung reichen Kurzanamnese, Basislabor und körperliche Untersuchung.
Den entscheidenden Hinweis auf eine Gallenkolik liefert schon das Schmerzmuster. Die plötzlich einsetzenden Beschwerden verschlimmern sich zunächst und halten zwischen einer und fünf Stunden an. Sie werden häufig von Übelkeit und Erbrechen begleitet und können kurz nach einer Mahlzeit auftreten. Ein solcher Zusammenhang ist aber ebenso wenig zwingend wie die oft berichtete Intoleranz gegenüber fettigen Speisen. Bei Patienten ohne vorbekannte Konkremente spricht das Zusammentreffen der folgenden drei Symptome für eine Gallenkolik:
- Schmerzen im Epigastrium oder im rechten Oberbauch
- Ausstrahlen in die rechte Schulter
- fehlendes Sodbrennen oder mangelnde Besserung nach Stuhlentleerung
Diverse Faktoren begünstigen die Steinbildung – von der Schwangerschaft bis zum raschen Gewichtsverlust (s. Kasten rechts oben). Mit der klinischen Untersuchung sollte man gezielt nach Warnzeichen für Komplikationen suchen, schreibt das Autorenteam um Sandra Hapca von der Universität Aberdeen. An erster Stelle steht die Kontrolle von Puls- und Atemfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur. Der Blick auf Haut und Skleren verrät einen Ikterus, ausgelöst z.B. durch eine akute Hepatitis oder ein Malignom (Pankreas, Gallengang).
Weitere wichtige Hinweise liefert die Palpation des Abdomens:
- Eine schmerzhaft tastbare Gallenblase spricht für eine peritoneale Reizung infolge einer akuten Cholezystitis (Murphy-Zeichen).
- Eine schmerzlos palpable Vesica biliaris weist auf eine extrahepatische biliäre Obstruktion unklarer Dignität hin (Courvoisier-Zeichen).
Zusätzlich sollten andere potenzielle Schmerzursachen wie basale Pneumonie oder Harnwegserkrankungen ausgeschlossen werden. Bei Frauen im gebärfähigen Alter gehört der Schwangerschaftstest zum Pflichtprogramm.
Zeichen für Komplikationen
- akute Cholezystitis: Schmerzdauer > 6,5 Stunden, Murphy-Zeichen
- akute Pankreatitis: Bauchschmerz und Erbrechen, vorbekannte Konkremente, evtl. Alkoholmissbrauch
- akute Cholangitis: Charcot-Trias, d.h. Schmerz im rechten oberen Quadranten, Ikterus und Fieber (oft mit Schüttelfrost)
- Cholangiosepsis: Atemfrequenz > 22/min, systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg, eingeschränkte Bewusstseinslage
Primär Paracetamol und NSAR gegen Schmerzen
Patienten mit Verdacht auf steinbedingte Komplikationen (s. Kasten links) oder mangelndem Ansprechen auf die Schmerzbehandlung bedürfen einer sofortigen stationären Einweisung. Für zunächst ambulant behandelbare Patienten empfehlen die Autoren eine weitere Abklärung beim Hausarzt. Dazu gehört ein Basislabor mit Cholestase-Parametern, eventuell auch Elektrolyten, CRP und Glukose. Ausserdem sollten alle Patienten eine Sonografie erhalten. Diese kann Gallensteine mit hoher Sensitivität (> 95 %) und Spezifität (> 98 %) nachweisen und erlaubt Rückschlüsse auf die Prognose: Bei multiplen oder grossen Konkrementen (> 10 mm) drohen vermehrt Kolikrezidive.
Zur Schmerzlinderung empfehlen die Autoren primär Paracetamol und NSAR. Letztere wirken bei dieser Indikation ebenso gut wie Opioide und stärker als Spasmolytika. An Kontraindikationen für NSAR ist vor allem die gastrointestinale Blutung zu beachten, die sich ebenfalls mit epigastrischen Schmerzen bemerkbar machen kann. Antibiotika haben bei der unkomplizierten Kolik keinen Platz.
Risikofaktoren für Steine
- erhöhtes Alter, weibliches Geschlecht, Schwangerschaft, Multiparität, Adipositas, familiäre Belastung
- Insulinresistenz bzw. nicht erkannter Diabetes
- hämolytische Erkrankungen
- Gewichtsverlust > 1,5 kg/Woche durch Diät oder bariatrische OP
Therapie der Wahl für Patienten mit symptomatischen, aber unkomplizierten Konkrementen ist heute die elektive laparoskopische Cholezystektomie. Für Steinträger mit hohem Operationsrisiko kommt eine konservative Therapie in Betracht – allerdings um den Preis einer erhöhten Gefahr für erneute Koliken und Komplikationen (z.B. Cholezystitis). Die Wirkung von Lebensstiländerungen wie fettarme Ernährung und vermehrte Bewegung ist bisher nicht belegt.
Hapca S et al. BMJ 2021; 374: n2085.