Medical Tribune
4. Aug. 2016Vitamin-D-Mangel

Schweizer Studie bestätigt Zusammenhang 
mit Muskelschwäche und BMI

Die Datenlage aus der Schweiz und benachbarten Ländern spricht dafür, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung unter einem Vitamin-D-Mangel leidet. Eine aktuelle Schweizer Studie hat diese Situation bestätigt, erklärte Professor Dr. Andreas Zeller, Leiter des Basler universitären Zentrums für Hausarztmedizin, am 39. Ärztekongress Arosa.

«Sie müssen 60 Minuten Gesicht und Hände der Sonne exponieren, dann haben Sie 1000 Einheiten Vi­ta­min D produziert», sagte Prof. Zeller. Wir sind zu wenig in der Sonne und die Sonne ist in unseren Breiten über viele Monate zu schwach, um ausreichend Vitamin D bilden zu können. Zwischen November und Ende März besteht keine ausreichende UV-B-Bestrahlung. Aber im Sommer ist die Vitamin-D-Situation nicht sehr viel besser, wie die Daten der Schweizer Querschnittsstudie mit 19 Hausärzten in 16 Luzerner Praxen gezeigt haben.1

Dass Vitamin-D-Mangel mit der muskoloskelettalen Gesundheit und Symptomen zusammenhängt, ist evidenzbasiert. Derzeit laufen einige grosse klinische Studien wie die Altersstudie DO-HEALTH, die Vitamin D auch in anderen Zusammenhängen untersuchen.

Nach den Empfehlungen der Eidgenössischen Ernährungskommission zur Vitamin-D-Zufuhr für die Schweizer Bevölkerung ist der wünschenswerte Zielwert der Serumkonzentration des 25-Hydroxy-Vitamin-D (25(OH)D) > 75 nmol/l. 50 nmol/l gelten noch als adäquater Vitamin-D-Spiegel, darunter liegt eine Insuffizienz und unter 25 nmol/l ein schwerer Vitamin-D-Mangel vor.

Das Studienziel war die Prävalenz für einen 25-Hydroxy-Vitamin-D3-Mangel bei unselektierten Patienten im Sommer und im Winter zu ermitteln, sowie zu überprüfen, ob eine Assoziation zwischen Vitamin-D-Mangel und selbstrapportierten Symptomen wie Fatigue und/oder muskuloskelettale Beschwerden besteht und ob es eine Korrelation zwischen BMI und der Vitamin-D-Serumkonzentration gibt.

Insgesamt nahmen im Sommer 776 und im Winter 907 Personen an der Studie teil. Im Sommer hatten 45,1 % der Teilnehmer einen Vitamin-D-Mangel, 88,9 % lagen unterhalb des erwünschten Zielwertes. Im Winter nahm der Vitamin-D-Mangel auf 71,1 % zu, 93,8 % lagen unterhalb des 75-nmol/l-Zielwertes.
93 Patienten nahmen sowohl an der Sommer- wie auch der Winteruntersuchung teil, mit gemittelten Werten von 56,2 nmol/l im Sommer und 49,4 nmol/l im Winter (p = 0,001).

Zwischen der rapportierten Muskelschwäche und Vitamin-D-Mangel ergab sich eine signifikante Korrelation (p = 0,02), ebenso zwischen BMI und Vitamin-D-Konzentraion im Serum (p < 0,001). Für Muskelschmerz, Fatigue und Alter konnte keine signifikante Korrelation ermittelt werden.
Der wünschenswerte Zielwert von 75 nmol/l wurde im Sommer von 11 % und im Winter von 6 % der Studienteilnehmer erreicht. Prof. Zeller betonte, dass von einem Massenscreening abgeraten wird. Die einzelne Bestimmung kostet ca. 50 CHF, 800 Einheiten Vitamin D 2,50 CHF/Monat. «Ein Ei hat übrigens 20 Einheiten Vitamin D. Da müssen Sie relativ viele Eier essen, um auf 800 Einheiten zu kommen», meinte Prof. Zeller.


1 Merlo Ch et al. Vitamin D deficiency in uselected patients from swiss primary care: a cross-sectional study in two seasons. PLoS One 2015; 10(9). http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0138613.
2 Bischoff-Ferrari HA et al. Empfehlungen der Eidgenössischen Ernährungskommission zur Vitamin-D-Zufuhr für die Schweizer Bevölkerung. Schweiz Med Forum 2912; 12(40): 775–778.

Vitamin-D-Zielwerte:
> 50 nmol/l bei allen
> 75 nmol/l wünschenswert 

Investigatoren der Schweizer Studie:
An der Studie1 waren das Institut für Hausarztmedizin und Community Care, Luzern, die Bioanalytica AG, Luzern, das Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil, und das Zentrum für Hausarztmedizin, Universität Basel, Liestal, beteiligt.