Medical Tribune
1. Okt. 2015Gesundheitsorientierter Freizeitsport

Gewichte stemmen, Joggen, Tai Chi? Die Kombi macht‘s!

«Sie sollten etwas mehr Sport treiben, um gesund zu bleiben.» Diesen Ratschlag haben Sie bestimmt schon mehr als einem Patienten gegeben. Doch wie viel Aktivität ist eigentlich gut für einen Sportmuffel?

Kollegen vom Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel haben evidenzbasierte Trainingsprinzipien für gesunde Erwachsene zusammengestellt. Ein gesundheitsorientierter Freizeitsport umfasst dabei drei Formen: Ausdauer, Kraft und Funktionalität bzw. Beweglichkeit.

Ausdauertraining, wie Radfahren, Jogging, Nordic Walking oder Schwimmen, spielt eine zentrale Rolle im Freizeitsport. Auch das Intervalltraining (Wechsel zwischen sehr hohen und sehr niedrigen Intensitäten) erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Sofern der erforderliche Gesamtumfang pro Woche erfüllt ist, rückt die jeweilige Trainingsdauer in den Hintergrund. Ausreden, wie «unter der Woche habe ich keine Zeit», entgegnen Sie also, dass Sporteinheiten nur an Wochenenden ebenso effektiv sind.

100 Schritte/min bei einer 30-minütigen Trainingseinheit

Ergänzend sollte immer die muskuläre Fitness trainiert werden (Krafttraining mit freien Gewichten, an Geräten oder mit dem eigenen Körpergewicht). Als Intensitätsmass gilt hier das sogenannte Einerwiederholungsmaximum (1-RM), also die Kraft, die gerade noch einmal erbracht werden kann. Raten Sie Älteren zu Übungen mit leichten Widerständen und zügiger Bewegungsausführung, dadurch verbessern sich Schnellkraft und Gleichgewicht.

Funktionelles und Beweglichkeitstraining fördern in allen Altersstufen die Gelenkmobilität und tragen gerade bei Senioren zur Verbesserung der Alltagsfunktionen bei. Bei Jüngeren sind die Effekte zwar unzureichend belegt, die Übungen vervollständigen jedoch ein ganzheitliches Gesundheitstraining.

Da jeder Mensch anders auf die Betätigung reagiert, gilt es individuelle Intensitätsbereiche zu bestimmen. Relative Angaben, z.B. als Prozentwert der maximalen Herzfrequenz, helfen bei der Trainingssteuerung. Die Maximalfrequenz kann durch sportmedizinische Belastungstests oder grob mithilfe einfacher Faustformeln vorgegeben werden: 220 – Lebensalter (fürs Laufen) oder 200 – Lebensalter (fürs Radfahren). Schrittzähler erlauben nur eine sehr vage Abschätzung. Akzeptabel sind 100 Schritte pro Minute bei einer 30-minütigen Trainingseinheit. Um das kardiovaskuläre Risiko oder die Sterblichkeit zu senken, sollte der Sport einen zusätzlichen Energieumsatz von mindestens 1000 kcal pro Woche (entspricht ungefähr 150 Minuten) bringen – bei sehr untrainierten Personen genügen schon geringere Umfänge (ab 500 kcal). Senioren können Sie raten, dreimal wöchentlich zehn Minuten Treppen zu steigen. Schon dadurch sinkt die Ruhe- und Belastungsherzfrequenz um zehn Schläge pro Minute.

Viele Patienten wollen oder sollen durch Sport abnehmen. Bisher lautete dabei die Empfehlung, mit betont niedrigen Intensitäten zu trainieren. Denn man nahm an, dass in diesem Bereich wegen des grösseren relativen Anteils am Energiebedarf besonders viel Fettverbrennung stattfindet. Doch diese Maxime lässt sich nicht mehr aufrechterhalten.

Intervalltraining verringert das kritische Bauchfett

Bei höherem Aufwand wird absolut gesehen eine vergleichbare Fettmenge verstoffwechselt und die Sporttreibenden profitieren zusätzlich vom vermehrten Gesamtenergiebedarf. Intervalltraining beispielsweise verringert das kritische Bauchfett ebenfalls.

Im Einzelfall müssen mögliche Risiken der sportlichen Massnahme berücksichtigt werden. Dazu gehören Muskelverletzungen (selten auch Rhabdomyolyse) bei intensiver und ungewohnter Belastung oder plötzlicher Herztod bei subklinischer Herzkrankheit.

Faude O et al. Therapeutische Umschau 2015; 72: 327–334.


Weg vom lahmen Laufen

Joggen führt bei so Manchem schnell zu einem Motivationsverlust. Drei Alternativen:

  • Fussball kombiniert eine ausgeprägte Ausdauerkomponente mit Schnelligkeit, Kraft und Koordination. Die Anpassungseffekte ähneln denen von reinem Ausdauertraining. Häufige Belastungsspitzen bergen jedoch vor allem bei Älteren mit unerkannten Herz-Kreislauf-Krankheiten ein Risiko.
  • Der Trendsport Zumba vereint Tanzelemente mit Aerobics und verbessert aerobe Kapazität, Körperfettmasse, Ausdauer, Rumpfkraft, Gleichgewicht sowie Lebensqualität. Tanz im Allgemeinen könnte auch bei Senioren positiv wirken (z.B. Sturzprophylaxe).
  • Tai Chi beinhaltet eine Reihe von langsamen und kontinuierlichen Bewegungsabfolgen. Es erfordert Kraft und Koordination der verschiedenen Körperteile. Vor allem bei Älteren werden u.a. Gleichgewichtsfähigkeit und kognitive Leistung verbessert.

Trainingsempfehlungen

Ausdauertraining

  • ≥3 Tage pro Woche
  • ≥1000 kcal pro Woche
  • ≥75 Minuten intensiver Sport (77–95% HF max) oder
  • ≥150 Minuten moderater Sport (64–76% HF max) oder
  • Kombination der Intensitätsbereiche

Krafttraining

  • alle Hauptmuskelgruppen, dynamische Kraftübungen, 2–4 Sätze mit 2–3 Minuten Pause
  • 2–3 Tage pro Woche
  • 60–70% 1-RM, 8–12 Wiederholungen (Normaltrainierte)
  • 40–50% 1-RM, 10–15 Wiederholungen (Untrainierte)

Funktionelles und Beweglichkeitstraining

  • 2–3 Tage pro Woche
  • ca. 1 Minute pro Übung, 2–4 Wiederholungen
  • statische oder dynamische Übungen für Gleichgewicht, Koordination, Alltagsfunktion
  • eine Dehnübung für jeden grossen Muskel-Sehnen-Komplex