Als Leiche unzählige Leben retten
Nicht nur ganze menschliche Organe retten schwer kranken Patienten das Leben, sondern auch mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark eines Spenders. Diese können sich in verschiedenste Gewebe differenzieren, je nachdem, in welchen Körperteil des Empfängers man sie injiziert, und stellen womöglich ein schier unerschöpfliches Ersatzteilreservoir dar, wie die neuen Untersuchungen zeigen.
Leichen-Stammzellen: unerschöpfliches Ersatzteilreservoir?
Da man für entsprechende Therapien z. T. sehr grosse Mengen von Stammzellen braucht, wie sie schwer einem lebenden Spender zu entnehmen sind, prüften Dr. Gianluca D’Ippolito und Kollegen von der Universität Miami in Florida, wie gut sich Leichen-Stammzellen nutzen lassen. Aufgrund der Gewöhnung an relativ sauerstoffarme Bedingungen im gering durchbluteten Knochen könnten diese nach dem Tod länger überleben als andere Körperzellen, so die Vermutung.
Die Forscher lagerten Fingerknochen zweier verstorbener Patienten für fünf Tage und extrahierten dann mesenchymale Stammzellen aus dem Gewebe. Im Verlauf von fünf Wochen war es unter experimentellen Bedingungen möglich, diese zu Knorpel- und Fettgewebe reifen zu lassen. Nun wollen die Wissenschaftler sich an das Züchten von Nerven- und Darmgewebe wagen.
Frischer Knorpel aus dem Fingerknochen
"Wir hätten damit eine wichtige Quelle erschlossen", freuen sich die Kollegen. Von einem einzigen menschlichen Spender könnte man z.B. die ganze Wirbelsäule verwenden und daraus Billionen von Zellen extrahieren. Skeptiker warnen aber vor Schäden für den Empfänger, weil die DNA der Leichen-Stammzellen durch den Tod des Nachbargewebes geschädigt sein könnte.
Quelle: New Scientist 2013; 217, No. 2898: 9