Medical Tribune
26. Jan. 2022Menopause

Intravaginale Präparate helfen beim urogenitalen Menopausensyndrom

Durch den Östrogenmangel in der Menopause kommt es häufig zu vaginaler Trockenheit, Dysurie, und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Die Behandlung besteht in erster Linie aus intravaginalen Präparaten mit und ohne Östrogen. Was gibt es dabei zu beachten?

Unusual shapes, remarkable Rocks in shape of female sexual organ, Island Pag (Croatia)
iStock/Simon002

Statt wie früher von einer vaginalen Atrophie spricht man heute vom GSM (Genitourinary Syndrome of Menopause), erklärt Professor Dr. Petra Stute, Stv. Chefärztin Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitäts-Frauenklinik, Inselspital Bern, am Forum für medizinische Fortbildung Gynäkologie Update Refresher*. Dieses beschreibt die Östrogenmangel-bedingten Veränderungen im vulvo-vaginalen und vesico-urethralen Bereich von Frauen nach der Menopause. Darunter fallen drei Symptomkomplexe, nach denen in der Praxis zu fragen ist:

  • die genitale Komponente: Trockenheit, Brennen, Juckreiz, Schmerz,
  • die urologische Komponente: Harndrang, Dysurie, Harnwegsinfekte, Inkontinenz und
  • die sexuelle Komponente: mangelnde Feuchtigkeit, Unbehagen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, verringertes Verlangen und Erregung.

Zunächst nichthormonelle Präparate nutzen

Das GSM hat einen grossen Einfluss auf Lebensqualität und Alltagsaktivitäten, so Prof. Stute. Studien konnten zeigen, dass auch die Wahrscheinlichkeit, eine Angststörung oder Depression zu entwickeln, signifikant mit der Erkrankung zunimmt.

Die US-amerikanische Menopausengesellschaft empfiehlt als First-line-Therapeutika mit einem Evidenzlevel A nichthormonelle intravaginale Präparate. Darunter fallen Gleitmittel, die jedoch keinen nachhaltigen Effekt haben, sowie Feuchthaltemittel (z.B. GynoFit®, Hydro Santa Biomed, Multi-gyn® Liquigel) und Cremes (Vagisan®, Gynaedron®).

Reicht das nicht aus, kommen die Second-Line-Therapeutika, ebenfalls mit einer Level-A-Empfehlung, zum Einsatz: Dies sind in der Schweiz niedrig dosierte vaginale Östrogene, vaginales Dehydroepiandrosteron (DHEA) sowie – wenn noch weitere menopausale Symptome vorliegen – die systemische Hormonersatztherapie (HRT).

Während vaginales DHEA täglich zu applizieren ist, kommen vaginale Östrogene (in der Schweiz Estradiol, E2, und Estriol, E3) initial täglich und dann als Erhaltungstherapie zwei- bis dreimal pro Woche zur Anwendung. Die Symptomatik verbessere sich darunter signifikant innerhalb von zwei bis zwölf Wochen, betont Prof. Stute. Vaginale Östrogene stehen als Creme, Zäpfchen, Ovula und Ring zur Verfügung (s. Tabelle).

Bei Patientinnen mit Mammakarzinom sollte ein ultraniedrig dosiertes Präparat zum Einsatz kommen. Dazu zählen Kadefemin®, Gynoflor®, Blissel®, Vagifem®/Vagirux® und der zurzeit nicht lieferbare Estring. Im Vergleich zu Vagifem® beinhaltet eine Packung des Generikums Vagirux® 18 statt 24 Vaginaltabletten mit einen Applikator, der mehrfach verwendet werden kann. Der Preis liegt etwa 20 % unter dem Fabrikabgabepreis des Originals.

Intravaginale Östrogenpräparate in der Schweiz

PräparatInitialdosisErhaltungsdosis
Oestro-Gynaedron® Vaginalcreme0,5 mg E3 pro
Tag für 1 Woche
0,5 mg E3 pro
Tag 2–3 × pro Woche
Ovestin ® Suppositorium/Creme0,5 mg E3 pro
Tag für 2–3 Wochen
0,5 mg E3 pro
Tag 2 × pro Woche
Kadefemin ® Estriol Ovula 0,03 mg0,03 mg E3 pro
Tag für 3 Wochen
0,03 mg E3 pro
Tag 2 × pro Woche
Gynoflor ® Vaginaltabletten0,03 mg E3 pro
Tag für 12 Tage
0,03 mg E3 pro
Tag 2–3 × pro Woche
Blissel® Gel0,05 mg E3 pro
Tag für 3 Wochen
0,05 mg E3 pro
Tag 2–3 × pro Woche
Vagifem ® / Vagirux® Vaginaltabletten0,01 mg E2 pro
Tag für 2 Wochen
0,01 mg E2 pro
Tag 2–3 × pro Woche
Estring ®keine0,0075 mg E2 pro Tag
Intravaginale Östrogenpräparate

Intravaginale Östrogene: So lang wie nötig

Zum Vorgehen in der Praxis empfiehlt die Expertin, bei den Frauen zunächst die laufende Medikation und Komorbiditäten zu erfassen sowie Differenzialdiagnosen wie einen Lichen sclerosus abzuklären und nach Kontraindikationen zu suchen. Wichtig ist auch, nach Präferenzen der Patientin hinsichtlich Formulierung – Creme, Zäpfchen oder Gel – und gewünschter Häufigkeit der Applikation zu fragen.

Bei der Anwendung von intravaginalen Östrogenen handelt es sich um eine Dauertherapie, die so lange wie nötig erfolgen sollte (Evidenzlevel C), auch wenn Sicherheitsdaten für das Endometrium aus randomisiert kontrollierten Studien nur für ein Jahr vorliegen, erklärt die Referentin. In Beobachtungsstudien zeigte sich kein erhöhtes Risiko für endometriale Pathologien.

Ein Gestagen zur Prävention eines Endometriumkarzinoms ist bei der Gabe einer niedrig dosierten vaginalen Östrogentherapie im Allgemeinen nicht nötig, ebenso wenig eine routinemässig durchgeführte Endometriumkontrolle bei asymptomatischen (= blutungsfreien) Frauen, die ein niedrig dosiertes Präparat anwenden.

Besteht ein erhöhtes Risiko für ein Endometriumkarzinom, z.B. bei Adipositas oder höherer Dosis, kann eine transvaginale Sonografie zur Endometrium-Beurteilung oder eine intermittierende Gestagentherapie erwogen werden. Bei Spotting oder Blutung ist eine weitere standardgemässe Abklärung erforderlich. Für Frauen mit Brust- oder Endometriumkarzinom in der Anamnese ist niedrig dosiertes Estriol am besten geeignet (Blissel®, Gynoflor® und Kadefemin®).

Nach einer Cochrane-Analyse sind alle Präparate wirksam. Eine Garantie auf Beschwerdefreiheit gibt es dennoch nicht, erklärte Prof. Stute. Etwa 12–15% der Frauen haben weiterhin vaginale Symptome.

* Quelle: Forum für medizinische Fortbildung Gynäkologie Update Refresher, Satellitensymposium Gedeon Richter