Medical Tribune
3. Nov. 2021Das endokrine muzinproduzierende Schweissdrüsenkarzinom

Schweissdrüsenkarzinome möglichst lange im Blick halten

Das endokrine muzinproduzierende Schweissdrüsenkarzinom gehört zu den seltenen Tumorentitäten. Es ist üblicherweise durch einen indolenten Verlauf charakterisiert. In den letzten Jahren wurden jedoch auch einige Fälle einer Metastasierung berichtet. Ein Überblick wurde am 31. Deutscher Hautkrebskongress gegeben.

Das endokrine muzinproduzierende Schweissdrüsenkarzinom (EMPS) wurde erstmals 1997 als kutanes Analogon zum soliden papillären Mammakarzinom beschrieben. Es ist inzwischen als eigene Entität in die WHO-Klassifikation kutaner Tumoren aufgenommen worden, erinnerte Professor Dr. Uwe Hillen, Klinik für Dermatologie und Venerologie des Vivantes Klinikums Neukölln, Berlin.1 Die EMPS sind nach seinen Worten möglicherweise als Vorstufe des muzinösen Karzinoms mit neuroendokriner Differenzierung einzuordnen.

Teilweise erst nach bis zu elf Jahren metastasiert

Grundsätzlich weist das EMPS einen indolenten Verlauf auf. So wurden bis 2020 weniger als 200 Fälle an Lokalrezidiven berichtet, allerdings ohne Metastasenentwicklung. Nach der Tumorexzision liegt die Rezidivrate ohne Übergang in ein muzinöses Karzinom bei rund 7 %, mit Übergang in ein solches bei etwa 12 %.

In den letzten beiden Jahren wurden jedoch erstmals vier Fälle metastasierter EMPS beschrieben, betonte der Referent. Dabei war die Latenzzeit zwischen der Manifestation des Primärtumors und der Metastasierung mit neun bis elf Jahren ausgesprochen lang. In all diesen Fällen handelte es sich um eine lokoregionäre Metastasierung. Bei einem Patienten kam es zu einer zusätzlichen Fernmetastasierung in eine Rippe, in einem weiteren Fall in das Pankreas, wobei gleichzeitig im PET-CT ossäre Filiae auffielen.

Dr. Marie-Christin Renneberg von der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Vivantes Klinikums Neukölln, Berlin, stellte eine weitere Kasuistik eines EMPS mit lymphogener und subkutaner Metastasierung vor.2 Sie umfasste einen 67-jährigen Patienten, der sich im Juli des vergangenen Jahres vorstellte.

EMPS – was ist das?

Der seltene, hautfarbene bis rötliche Tumor wird den niedrigmalignen Adnextumoren zugeordnet und ist bei Frauen – meist in höherem Lebensalter – häufiger als bei Männern. In fast 90 % der Fälle entwickelt sich das endokrine muzinproduzierende Schweissdrüsenkarzinom am Augenlid oder periokulär. Weniger häufig tritt es an Wange, Kopfhaut oder Schläfen auf.

Die Anamnese ergab, dass 2015 ein 3x5 cm grosser, parietal rechts lokalisierter Tumor exzidiert worden war. Referenzpathologisch war der Tumor mit einem synaptophysin-positiven/chromogranin-positiven apokrinen Adnexkarzinom der Haut vereinbar, berichtete Dr. Renneberg.

Der Patient präsentierte sich mit zwei grössenprogredienten, bis zu 2 cm grossen, verschieblichen derben Knoten rechts zervikal. Die Schnittbildgebung ergab rechts suboccipital, nuchal und zervikal subkutan gelegene Raumforderungen mit Verdacht auf Metastasen. Eine viszerale Metastasierung wurde nicht festgestellt.

Therapie der Wahl war die radikale rechtsseitige Neck-Dissection. Die zervikale Biopsie der Metastase stimmte morphologisch und immunhistochemisch mit dem 2015 exzidierten Tumor überein. Die histopathologische Aufarbeitung des Operationspräparates ergab eine nodale Metastase des EMPS mit einer Lymphangiosis carcinomatosa.

«In der Zusammenschau der Untersuchungsbefunde konnte die Diagnose eines metastasierten EMPS gestellt werden», resümierte Dr. Renneberg, was erneut auf das Metastasierungpotenzial des EMPS hinweist. Da die Filiae noch nach erheblicher Latenz auftreten können, plädierte die Expertin für eine langfristige Nachsorge Betroffener.

  1. Hillen U. 31. Deutscher Hautkrebskongress; «Adnextumore – Neues zu Klinik, Histologie und Molekularpathologie»
  2. Renneberg MC et al. 31. Deutscher Hautkrebskongress; ePoster und Abstr. eP 115