Medical Tribune
5. Okt. 2021Spezielle Mutation im Visier

Über Häufigkeit und prognostischen Wert von KRASG12C im Darm

Das KRAS-Onkogen ist in kolorektalen Karzinomen häufig mutiert. Mehrere Studien widmeten sich nun einer spezifischen Alteration: KRASG12C. Diese scheint ungleich zwischen den einzelnen Tumoren verteilt zu sein. Ausserdem hatte sie in verschiedenen Untersuchungen eine unterschiedliche pro­gnostische Bedeutung, hiess es am ESMO World Congress on Gastro­intestinal Cancer 2021 (virtuell).

KRAS-Mutationen sind bedeutende onkogene Treiber, die bisher nicht effektiv mit einer Therapie adressiert werden konnten. Das scheint sich dank spezifischer Inhibitoren für Karzinome mit KRASG12C-Alteration zu ändern (siehe Kasten). Kollegen um Professor Dr. ­Mohamed E. Salem­ vom Levine Cancer Institute in Charlotte wollten die Häufigkeit der Veränderung nun besser charakterisieren.

G12C-Mutation am häufigsten im Appendix

Die Forscher analysierten dazu retrospektiv das Vorkommen von KRAS-Varianten in 17 009 Patienten mit unterschiedlichen gastrointestinalen Krebsarten, die mittels Next-Generation-Sequencing untersucht worden waren.1 7559 Tumoren wiesen eine KRAS-Alteration auf, davon 325 eine G12C-Mutation. Das entsprach etwa 2 % aller und 4,3 % der KRAS-mutierten Karzinome. Am häufigsten fanden die Wissenschaftler die G12C-Variante in Tumoren des Appendix (3,9 %) und des Kolons/Rektums (3,1 %). In Platten­epithelkarzinomen des Ösophagus oder Anus hingegen wurde sie nicht nachgewiesen. Oft trat die Veränderung bei ehemaligen oder aktiven Rauchern auf.

Den prognostischen Wert der Mutation untersuchten unter anderem Dr. Yuki Matsubara­ vom Aichi Cancer Center Hospital in Nagoya, Japan, und Kollegen in einer multizen­trischen retrospektiven Studie.2 Die Basis bildeten Daten von 2457 Personen mit metastasiertem Kolorektalkarzinom (CRC), die in den Jahren 2005 bis 2017 an einem von vier Krebszentren in Japan eine Erstlinien-Chemotherapie erhalten hatten. 45 Patienten wiesen eine ­G12C-Mutation auf, was 6,5 % der Erkrankten mit irgendeiner KRAS-Exon-2-Alteration entsprach. Die Veränderung korrelierte signifikant mit einem kürzeren progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zu anderen KRAS-Mutationen.

Über die Häufigkeit von ­KRASG12C in einer skandinavischen Kohorte sprach Dr. Emerik ­Österlund von der Universität in Uppsala. Er und sein Forscherteam fanden bei 91 der 1441 untersuchten Teilnehmer mit rezidiviertem, metastasiertem CRC eine KRASG12C-Mutation.3 Dies entsprach 6 % bzw. 12 % aller bzw. der KRAS-mutierten Tumoren. Es gab keinen signifikanten Effekt auf PFS und OS im Vergleich zu anderen KRAS-Varianten.

In der Literatur finden sich widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der prognostischen Bedeutung von KRASG12C beim CRC, betonte der Diskutant Professor Dr. ­Pierre ­Laurent-Puig von der Universität Paris Descartes. In den Studien ­PETACC84 und IDEA5, so der Experte, wiesen 1188 (43 %) von 2766 CRC-Patienten im Stadium III eine KRAS- und 92 Betroffene eine G12C-Mutation auf. Letztere machten umgerechnet dementsprechend 3,3 % der gesamten Tumoren und 7,7 % der KRAS-mutierten Karzinome aus. Die G12C-Alteration beeinflusste dabei weder krankheitsfreies Überleben noch OS im Vergleich zu anderen KRAS-Varianten.

Allerdings war das Überleben nach einem Rezidiv kürzer. KRASG12C sei daher vor allem in dieser Situation ein negativer prognostischer Faktor. Dies gelte möglicherweise auch für metastasierte CRC – allerdings könnten hier weitere Einflussfaktoren eine Rolle spielen, beispielsweise das Rauchverhalten, die Tumorlokalisation, andere genetische Alterationen und die eingesetzten Therapien.

  1. Salem ME et al. ESMO WCGC 2021 (virtuell); Abstract O-3.
  2. Matsubara Y et al. ESMO WCGC 2021 (virtuell); Abstract SO-14.
  3. Österlund E et al. ESMO WCGC 2021 (virtuell); Abstract SO-13.
  4. Taieb J et al. Lancet Oncol 2014; 15: 862–873; doi: 10.1016/S1470-2045(14)70227-X.
  5. Andre T et al. Curr Colorectal Cancer Rep 2013; 9: 261–269; doi: 10.1007/s11888-013-0181-6.