Medical Tribune
15. Juni 2020Wann zum Training nach SARS-CoV-2-Infektion?

Bis zu sechs Monate Sportverbot

«Hand hält eine rote Karte, mit blauem Himmel»
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Covid-19 kann zu Kardiomyopathien führen – eine tödliche Bedrohung für leichtsinnige Leistungssportler und ambitionierte Fitnessstudiogänger. Lesen Sie, wie Sie Gefährdete erkennen und wann Training und Wettkampf wieder erlaubt sind.

Typisch für akute Herzschäden durch SARS-CoV-2 ist das Zusammentreffen von erhöhten Troponinwerten (> 99. Perzentile), EKG-Veränderungen und/oder pathologischen Befunden in der Echokardiografie. Davon betroffen sind bis zu 22 % der stationär behandelten Covid-19-Patienten – weit mehr als bei anderen Virusinfektionen (ca. 1 %), schreiben Dr. Dermot­ Phelan­, Sportkardiologe in Charlotte, North Carolina, und Kollegen.

Trotz Symptomfreiheit keine Übungen in der Quarantäne

Die Folgen der durch das Coronavirus ausgelösten Myokarditis reichen von leichten kardialen Funktionsstörungen bis zu tödlichen Arrhythmien. Ausserdem kann Sport in der Akutphase möglicherweise eine beschleunigte Virusreplikation mit vermehrter Inflammation und Zellnekrose bedingen. Eine Wiederaufnahme des Trainings ist deshalb erst möglich, wenn sich ventrikuläre Funktion und Entzündungsmarker normalisiert haben und sich keine Herzrhythmusstörungen mehr auslösen lassen.

SARS-CoV-2-positive Athleten ohne Beschwerden müssen eine mindestens zweiwöchige Trainingspause einlegen und sich in Quarantäne begeben. Wer in den 14 Tagen nach dem Virustest keine Symptome entwickelt, darf seine gewohnte sportliche Aktivität langsam wieder aufnehmen (ärztliche Kontrollen!).

Strikter sind die Regeln für ­Covid-19-Patienten mit leichten bis mittelschweren Krankheitszeichen. Solange die Symptome anhalten, ist Sport tabu. Auch nach der Rekonvaleszenz empfehlen die Autoren noch weitere zwei Wochen Trainingspause. Noch ist nicht geklärt, ob das bei Schwerkranken beobachtete kardiale Risiko auch bei leichten Fällen besteht, die Kardiologen raten jedoch dazu, mögliche Herzschäden im Auge zu behalten und den Patienten ggf. stationär einzuweisen.

Vor der Wiederaufnahme des Trainings ist eine sorgfältige kardio­vaskuläre Abklärung angezeigt – je nach Verlauf und Voruntersuchungen mit Troponin-Bestimmung, MRT, Belastungstest und Langzeit-EKG. Falls weder Symptome noch Zeichen einer kardialen Beteiligung vorliegen, ist gegen eine abgestufte Wiederaufnahme des Trainings unter ärztlicher Kontrolle (Verschlechterung?) nichts einzuwenden.

Unauffälliger Herzbefund bedeutet keine Entwarnung

Anders gestaltet sich die Situation bei leicht bis mittelschwer symptomatischen Patienten mit kardialen Auffälligkeiten (erhöhtes Troponin etc.). In diesem Fall plädieren die Kollegen entsprechend den Empfehlungen des American College of Cardiology (s. Link am Textende) für eine Trainingspause von drei bis sechs Monaten, damit die myokardiale Entzündung ausheilen kann. Wegen des erhöhten Rezidivrisikos sind in den ersten zwei Jahren regelmässige Kontrolluntersuchungen angezeigt. Training und Wettkämpfe können wieder aufgenommen werden, sobald sich die linksventrikuläre Funktion erholt hat, die Biomarker nicht mehr erhöht sind und keine relevanten Arrhythmien mehr vorliegen (EKG, Stresstest).

Ein besonders hohes Herzrisiko tragen schwer kranke bzw. stationär behandelte Covid-19-Patienten. Auch wenn Troponin und kardiale Bildgebung keinen pathologischen Befund ergeben, herrscht Sportverbot bis sämtliche Beschwerden abgeklungen sind.

Danach sind noch einmal mindestens zwei Wochen Trainingspause angezeigt, bevor eine kardiologische Tauglichkeitsuntersuchung möglich ist. Fällt diese günstig aus, darf das Übungsprogramm langsam und kontrolliert (Verschlechterung?) wieder aufgenommen werden. Bei Covid-19-Patienten mit anhaltend erhöhten Troponinwerten und/oder fortbestehenden kardialen Einschränkungen raten die Autoren zu einem Vorgehen nach den oben genannten US-Empfehlungen für Sportler mit Myokarditis.

Phelan DM et al. JAMA Cardiol 2020;
doi: 10.1001/jamacardio.2020.2136

Empfehlungen des American College of Cardiology für Sportler mit Myokarditis