Medical Tribune
14. Sept. 2018Endometriumsstörung

Hilfe bei Blutungsstörungen

Professor Dr. Petra Stute, gynäkologische Endokrinologin und Leitende Ärztin am Inselspital in Bern, erläuterte am Forum für medizinische Fortbildung die Möglichkeiten.
Wenn eine Patientin im gebärfähigen Alter mit Blutungsstörungen in die Sprechstunde kommt, geht es zunächst darum festzustellen, ob es sich um eine akute oder chronische Blutung handelt. Die akute starke Blutung bedarf der unmittelbaren Intervention. «In einem akuten Fall muss sodann das Blutungsmuster erfasst und nach der Ursache gesucht werden», betonte Prof. Stute. Ein systematisches Vorgehen, beispielsweise mithilfe zweier Charts der FIGO, sei hier sehr hilfreich.1 Dabei dient das FIGO-System 1 der Erfassung des Blutungscharakters (z. B. Frequenz, Dauer, Regelmäs­sigkeit) und das FIGO-PALM-COEIN-System der Erfassung der Blutungsursache. Können relevante organische Ursachen wie Polypen, Adenomyosis, Leiomyom oder Malignom ausgeschlossen werden und steht auch keine Gerinnungsstörung im Vordergrund, dann steht in der Praxis die Diagnose Endometriumsstörung.
Für die Behandlung der akuten Blutung stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Sie unterscheiden sich u. a. in der Dauer bis zum Wirkeintritt. Am raschesten wirkt ein orales Antifibrinolytikum. So stoppt z. B. Tranexamsäure eine akute Blutung in zwei bis drei Stunden, orales Östrogen hingegen erst in zehn, eine kombinierte hormonelle Kontrazeption in 48 und orales Gestagen in 72 Stunden. «Je nachdem wie rasch die Blutung gestoppt werden muss, wird Tranexamsäure alleine oder in Kombination mit Östrogenen verabreicht, oder es werden Östrogene alleine und nach drei Wochen zusätzlich noch ein Gestagen zur Transformation des Endometriums eingesetzt», führte Prof. Stute aus.

Tranexamsäure ist eine gute Option bei Kinderwunsch

Ist die akute Blutung einmal gestoppt, ist die Behandlung noch nicht zu Ende. «Damit die Patientin nicht erneut mit dem gleichen akuten Problem in die Praxis kommt, muss eine Hypermenorrhoe und/oder Menorrhagie auch langfristig normalisiert werden», erklärte die Expertin. Welche Therapie in dieser Situation die beste für die einzelne Frau ist, ist u. a. vom Kinderwunsch, von den Präferenzen und von allfälligen Kontraindikationen der Patientin abhängig. Hat die Frau einen Kinderwunsch, ist die Gabe von Tranexamsäure eine gute Option, führte die Expertin aus. Alternativ könnten NSAR (z. B. Ibuprofen 3 × 400mg/Tag, 1.–5. Zyklustag) eingesetzt werden. Diese haben den Vorteil, auch gleich Regelschmerzen zu bessern und die Ovulation hinauszuzögern.

LNG-IUD reduziert Blutverlust am stärksten

Tranexamsäure und in zweiter Linie ein NSAR sind auch eine gute Strategie für Frauen ohne Kinderwunsch und ohne Kontrazeptionsbedarf. «Braucht die Patientin hingegen eine Schwangerschaftsverhütung, dann ist eine Levonorgestrel abgebende Spirale oder ein kombiniertes Hormonpräparat, also Pille oder Vaginalring, eine Option sowie in zweiter Linie ein orales Gestagen, das die Patientin durchgehend über 21 Zyklustage einnimmt», erläuterte Prof. Stute.
Von diesen Massnahmen senkt ein LNG-IUD den Blutverlust am stärksten, nämlich um 75–95 %. Eine kombinierte hormonelle Kontrazeption reduziert die Blutung um 40–80 %, ein NSAR um 20–40 %, orale Gestagene, durchgehend über 21 Tage eingenommen, um 60–80 % und Tranexamsäure um 35–60 %. «Das Antifibrinolytikum hat allerdings den Vorteil, dass es nur zum Zyklusbeginn eingenommen werden muss, also wenn auch die Blutungsproblematik aktuell ist», betonte Prof. Stute. Verordnet wird Tranexamsäure zur Behandlung einer Hypermenorrhoe und/oder Menorrhagie konkret vom ersten bis fünften Zyklustag (3–4 × 1–1,5 g/Tag). «Ein Antifibrinolytikum macht aber natürlich nur Sinn, wenn die Frauen auch tatsächlich eine Hypermenorrhoe und/oder Menorrhagie haben und nicht unter einer anderen Blutungsstörung wie Zwischenblutungen leiden», so die Expertin. Bei Frauen mit abgeschlossener Familienplanung können zur Eliminierung der Blutungsstörungen ausserdem chirurgische Massnahmen wie etwa eine Hysterektomie in Erwägung gezogen werden.

1. Munro MG et al. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol. 2017; 40: 3–22.