Schlaganfall-Diagnose leicht gemacht
Meist manifestiert sich ein apoplektischer Insult durch einen plötzlichen Funktionsverlust in bestimmten Körperregionen. Typisch sind – je nach betroffenem Hirn-, Retina- oder Rückenmarksareal – fokale neurologische Symptome wie
- unilaterale Schwäche,
- unilateraler sensorischer Ausfall,
- Sehverlust auf einem Auge, Doppelbilder, Hemianopsie,
- räumlich-visuelle Wahrnehmungsstörungen,
- Sprachschwierigkeiten,
- Schwindel,
- Gangunsicherheit, Ataxie, die allein oder zusammen auftreten.
Kopfschmerzen kommen bei fast allen Patienten mit Subarachnoidalblutung, bei etwa der Hälfte derer mit intrazerebraler Blutung und bei ca. einem Viertel der Betroffenen mit akutem ischämischem Insult vor.
Ein Teil der Schlaganfälle manifestiert sich jedoch atypisch: Beispielsweise treten die Symptome nicht plötzlich auf oder die neurologischen Ausfälle lassen sich nicht eindeutig anatomisch zuordnen (z.B. Konfusion oder Bewusstseinstrübungen). Oder es kommt isoliert zu Schwindel, beidseitiger Erblindung, Amnesie, Dysarthrie oder Dysphagie. Solche Veränderungen machen es schwierig, den Apoplex zu "enttarnen".
Kardiovaskuläres Risiko: an Schlaganfall denken
Vor allem bei Patienten mit bekannten kardiovaskulären Erkrankungen oder Risikofaktoren sollten Sie dabei immer auch an einen Schlaganfall denken. Gibt es einen einfachen Test, der hilft, einen Apoplex schnell zu erkennen? Die Autoren empfehlen den Face Arm and Speech Test (FAST), der rasch durchzuführen ist:
- Bitten Sie den Patienten zu lächeln. "Hängt" eine Gesichtshälfte?
- Lassen Sie den Patienten beide Arme anheben. Sinkt ein Arm nach unten?
- Schliesslich soll der Patient einen einfachen Satz nachsprechen. Ist die Sprache verwaschen oder sonst auffällig?
Falls eine oder mehrere Auffälligkeiten im FAST vorliegen, sollte sofort ein Rettungswagen gerufen werden.
Ärzte in der Notaufnahme wenden häufig den ROSIER*-Score an, der zusätzlich zu den FAST-Items auch noch Gesichtsfeldausfälle, Schwäche im Bein, Bewusstseinsverlust oder Synkope und Krampfaktivität erfasst. Da es keinen spezifischen "Schlaganfall-Diagnostiktest" gibt, basiert die Diagnose auf der Anamnese und klinischen Untersuchung, ergänzt durch bildgebende Verfahren wie Computertomographie und Kernspintomographie.
häufige Differentialdiagnosen
- Epileptischer Anfall
- Synkope
- Sepsis
- Funktionelle Erkrankung (Panikattacke, dissoziative Episode, psychosozialer Stress)
- Primäre Kopfschmerzerkrankung (z.B. Migräne)
- Hirntumor
- Metabolische Störung (z.B. Hypoglykämie)
- Periphere vestibuläre Störung
- Neuropathie
- Demenz
- Epidurale oder subdurale Blutung
- Medikamente und Alkohol
- Transiente globale Amnesie
FAST-Test zur schnellen Diagnose
Besteht klinisch der Verdacht auf Schlaganfall, sollte notfallmässig ein natives zerebrales CT veranlasst werden. Zeigt sich eine Subarachnoidalblutung, eine akute fokale Ischämie oder Hirnblutung, ist die Apoplexie bestätigt. Liefert das CT kein eindeutiges Ergebnis, lässt sich ein potenzieller früher Infarkt mittels MRT erfassen.
Wird eine Subarachnoidalblutung vermutet, empfehlen die Autoren eine Lumbalpunktion und eine Untersuchung des Liquors auf Blut. Zusätzlich sollte nach der Ursache des Insults gesucht werden, z.B. mittels sonographischer Abklärung der hirnversorgenden Arterien.
Subarachnoidalblutung: CT und Lumbalpunktion
Es ist nicht immer leicht, die Symptome eines Schlaganfalls zu erkennen und korrekt zu interpretieren, räumen die Autoren ein. Rund 20 bis 25 % der Patienten, die ein "typisches" Schlaganfall-Syndrom aufweisen, haben in Wirklichkeit ein anderes Leiden, beispielsweise einen Krampfanfall, eine Synkope oder eine Sepsis.
* Recognition of Stroke in the Emergency Room
Quelle: Graeme J. Hankey et al., BMJ 2015; 350: online first; doi: 10.1136/bmj.h56