Medical Tribune
25. Feb. 2022Familie am Limit

Kinder mit Typ-1-Diabetes: Hauptlast tragen Mütter

Die Diagnose Typ-1-Diabetes bei einem Kind hat weitreichende Folgen. Eltern müssen etwa oft beruflich kürzer treten – was sich negativ auf die Familienfinanzen auswirkt. Trotz moderner Therapien hat sich daran in den letzten Jahren kaum etwas geändert, wie die Ergebnisse einer Umfrage zeigen.

Mutter mit Maske im Gesicht hält ihr Kleinkind in den Armen und mit der Hand stützt sie den Kopf des Kleinkinds
iStock/Osobystist

Rund 3.000 Kinder und Jugendliche sind in der Schweiz von einem Typ-1-Diabetes betroffen (1). Erhält ein Kind eine solche Diagnose, stellt das auch für seine Familien einen Einschnitt in die Lebensplanung dar; je jünger ein Kind ist, umso tiefer (2).

Gute Diabetesbetreuung braucht Zeit

In den letzten 20 Jahren hat sich die langfristige gesundheitliche Prognose von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes grundlegend verbessert. Das anspruchsvolle Management benötigt jedoch auch Zeit, die Familien mit Kindern mit Typ-1-Diabetes täglich aufbringen müssen (2).

Eine deutsche Studie, die Ende 2021 im Journal Diabetes Care erschien, befragte nun 1.144 Familien, um das Ausmass der familiären Einschränkungen durch die Erkrankung zu erfassen (3). In allen diesen Familien wurde ein Kind vor Ende des 14. Lebensjahres in den 12 Monaten vor der Befragung eine neu mit einem Typ-1-Diabetes diagnostiziert.

Über Fragebögen sollte die berufliche und finanzielle Situation der Eltern vor der Diagnose, sowie im ersten Jahr danach erfasst werden.

Vor allem die Mütter bleiben daheim

Fast jede zweite Familie (46,4%) vermeldete mässige bis schwere finanzielle Einbussen im Jahr nach der Diagnose. Dabei waren es vorwiegend die Frauen, die ihre Berufstätigkeit hintanstellten (P < 0.001). Der Anteil der arbeitslosen Mütter stieg innerhalb des ersten Jahres nach Dia­gnose von 25,8 auf 33,7 Prozent. Unterm Strich stellten 15,1 Prozent der Mütter nach der Diagnose ihre berufliche Tätigkeit ein, gut jede zehnte Mutter reduzierte ihre Arbeitszeit. Besonders betroffen waren Mütter von Kindern im Vorschulalter.

Die berufliche Situation der Väter änderte sich hingegen kaum (P = 0.75): Lediglich 1,2 Prozent wechselten von einer Vollzeit- in eine Teilzeitbeschäftigung. Nur 0,6 Prozent hörten ganz auf zu arbeiten.

Im Vergleich zu einer ähnlichen Erhebung aus dem Jahr 2003 sind die negativen beruflichen Konsequenzen für die Mütter und die finanziellen Belastungen nahezu unverändert geblieben, heisst es in der Studie. Es bestehe damit grosser Handlungsbedarf, um Familien mit chronisch kranken Kindern zu entlasten. Helfen würden den Eltern etwa eine psychologische oder soziale Beratung, sowie bedarfsgerechte Kurzschulungen (4).

Referenzen