Medical Tribune
23. Aug. 2021Wann man Eltern beruhigen kann und wann der Junge doch in den OP sollte

Penisveränderungen bei Kindern

Verklebt, entzündet oder im Schamhügel zurückgezogen: Im Kindesalter kann der Penis einige Veränderungen aufweisen. Nicht alle erfordern ein sofortiges Eingreifen des Arztes.

Nahaufnahme von Manneken Pis-Statue, das Wahrzeichen von Brüssel.
iStock/BornaMir

Die Eltern kommen mit ihrem Sohn in die Praxis, weil sein Penis irgendwie komisch aussieht. Jetzt gilt es, Physiologisches von eindeutig pathologischen Befunden abzugrenzen. Zu den penilen physiologischen Auffälligkeiten gehören vor allem Vorhautverklebungen wie das «Flowering»-Phänomen, eine Smegmaretention sowie die Ballonierung unter Miktion und ein Schnürring ohne Beschwerden. Hier sollte man der Natur ihren Lauf lassen und nicht an der Vorhaut manipulieren, sagte Professor Dr. Wolfgang Rösch, Kinderurologe an der Klinik St. Hedwig Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg.

Anders sieht die Situation aus, wenn die Phimose auf einer Vernarbung beruht oder eine Balanoposthitis mit geröteter Eichel und weisslichem Ausfluss vorliegt. Rezidiviert diese Entzündung, sollte eine topische Kortikosteroidtherapie erfolgen oder eine Operation ins Auge gefasst werden. Sofortiger Handlungsbedarf besteht im Fall einer Paraphimose, wenn zurückgestreifte Vorhaut die Eichel abklemmt. Dieser Notfall macht eine Korrektur in Narkose erforderlich.

Zunehmend beobachtet man die Folgen der sogenannten «Plastibell»-Methode. Dies sei eine weltweit stark verbreitete Methode zur Beschneidung von kleinen Jungen, bei der man die Vorhaut über eine Plastikglocke zieht und dann abschnürt. Diese Form der Zirkumzision eignet sich nur für Kinder unter einem Jahr – Älteren drohen vermehrt Wundheilungsstörungen. Manchmal fällt der verbleibende Plastikschnürring nicht ab und es kann zu starken Entzündungen kommen. Dann helfen oft nur noch eine plastische Korrektur und die Zirkumzision in Narkose.

Einen Lichen sclerosus deckt die Histologie auf

Als eine weitere wichtige Differenzialdiagnose nannte Prof. Rösch den Lichen sclerosus, bei dem es zu einer zunehmenden Phimose mit einem weisslichen distalen Ring kommt. Komplikationen sind Balanoposthitis, Dysurie, Meatusstenose, Harnverhalt und Ulzerationen. Die Diagnose lässt sich anhand des typischen histologischen Bildes stellen. Als Therapie steht eine dreimonatige Applikation von stark bis sehr stark wirksamen lokalen Steroiden zur Verfügung mit Erfolgsraten zwischen 70 und 90 %. Auch eine radikale Zirkumzision kann helfen.

Ein weiterer Befund, der Eltern von kleinen Jungen beunruhigt, ist der «Buried Penis», bei dem sich der Penisschaft in den männlichen Schamhügel zurückzieht und von ihm bedeckt wird.

Lymphozytoma cutis benigna vom Zeckenstich

In diesen Fällen darf man nicht versuchen, das Problem mit einer normalen Zirkumzision lösen zu wollen, betonte der Experte. Vielmehr müsse in der Regel der Schaft definitiv korrigiert und rekonstruiert werden.

Hinter scharf abgegrenzten rötlich-blauen Effloreszenzen an der Eichel mit atropher Oberfläche kann eine Borreliose stecken. Sie sieht man mit zunehmender Verbreitung von Zecken hierzulande immer häufiger und Kinder trifft ein Lymphozytoma cutis benigna deutlich häufiger als Erwachsene – der auslösende Stich kann durchaus mehrere Monate zurückliegen. Histologisch gibt es ein typisches Bild: Lymphfollikel mit Keimzentren und dichten B-Lymphozyteninfiltraten. Die Therapie besteht in der Gabe von Amoxicillin oder Cefuroxim für 14–21 Tage. Die Effloreszenzen verschwinden unter der Behandlung in der Regel nach 4–7 Wochen.

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