Medical Tribune
31. Aug. 2020Zu viel des Guten

Vitamin-D-Therapie mit Megadosen gefährdet nicht nur MS-Patienten

Hoch dosiertes Vitamin D gegen Multiple Sklerose? Manche MS-Kranke schwören drauf und schlucken täglich 100 000 Einheiten. Dabei orientieren sie sich an den Empfehlungen eines brasilianischen Neurologen. Ein Fall aus Zürich mahnt allerdings zur Vorsicht.

3d Vitamin D Kapsel, die auf Schreibtisch liegt
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Wegen einer symptomatischen Hyperkalzämie und steigenden Kreatinin­werten wurde ein 39-Jähriger von seinem Hausarzt ins Universitätsspital Zürich eingewiesen. Zuvor war der Versuch, die Werte durch verstärkte Flüssigkeitszufuhr, Trinken von Bouillon sowie durch Schleifendiuretika zu bessern, gescheitert.

Vitamin-D-Resistenz soll überwunden werden

Wegen seiner primär progredienten Multiplen Sklerose (PPMS) nahm der Patient schon seit mehreren Monaten Vitamin D in einer Dosis von 100 000 IU/d ein. Betreut wurde er dabei von einem deutschen Arzt, der nach dem sogenannten Coimbra-Protokoll behandelte. Dessen Namensgeber, ein brasilianischer Neurologe, geht von der Annahme aus, dass Autoimmunerkrankungen wie die MS mit einer genetisch bedingten Vitamin-D-Resistenz einhergehen und dadurch der immunmodulatorische Effekt des Vitamins vermindert wird. Durch die Zufuhr sehr hoher Vitamin-D-Dosen soll man die Resistenz überwinden und die Krankheit bessern können. Als Marker der Vitamin-D-Resistenz gilt das Parathormon, das im Verlauf der Behandlung wiederholt gemessen wird. Eine kalziumarme Diät und hohe Trinkmengen von mindestens 2,5 l/d sollen Nebenwirkungen vermindern.

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